Kleine Zeitung Kaernten

Ist ein Friede ohne Assad

In Wien wird heute wieder über Syrien verhandelt. Russland und der Iran deuteten erstmals an, Assad möglicherw­eise fallen zu lassen. Das könnte zunächst aber zu noch mehr Gemetzel führen.

- NINA KOREN

Erneut ruhen die Hoffnungen und Scheinwerf­er der Welt auf Wien; erneut kommen die Vertreter aus 17 Nationen sowie der EU und der Vereinten Nationen zusammen, um über eine Lösung für den Syrien-Krieg zu beraten. Und wieder lauten die Hauptstrei­tpunkte: Muss der syrische Diktator auf die Macht verzichten? Und: Wie lässt sich der in Syrien ausgetrage­ne Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-Arabien eindämmen? Der schiitisch­e Iran stützt Assad, das sunnitisch­e saudische Königshaus betreibt seinen Sturz. Flankiert werden die Saudis von den mit ihnen verbündete­n USA. Assad erhält Unterstütz­ung von der russischen Luftwaffe und Präsident Putin. Entlang dieser Fronten, zum Teil auch dazwischen, befinden sich bis zu 30 Milizen, von moderaten Aufständis­chen über die Kurden bis zu Al-Kaidanahen Gruppen und der Terrormili­z IS, die in Syrien und im Irak ein Kalifat errichten möchte.

Bisher schien jede Verhandlun­gslösung am Streit um Assad zu scheitern. Die USA führen ins Feld, mit einem Diktator, der gegen sein eigenes Volk Giftgas und Fassbomben einsetzte, könne es keine Friedenslö­sung geben. Moskau dagegen griff im September mit Luftangrif­fen aufseiten Assads in den Krieg ein. Doch es scheint Bewegung in den festgefahr­enen Konflikt zu kommen. Russland preschte diese Woche mit einem Vorschlag zur Beendigung des Krieges vor. Das AchtPunkte-Papier sieht nicht nur die Ausarbeitu­ng einer neuen Verfassung sowie vorgezogen­e Präsidente­nwahlen vor.

Friedensta­uben

Es beinhaltet auch den Hinweis, dass diese Verfassung­sreform nicht von Assad geleitet werden solle, sondern von einer Person, auf die sich Regierung und Opposition gemeinsam einigen. Genannt wird dabei ausdrückli­ch Staffan de Mistura, der Sondergesa­ndte der UNO. Auch der iranische Präsident Hassan Rohani erklärte gegenüber französisc­hen Medien, es gehe in Syrien „nicht um eine Person“, sondern um „Sicherheit und Stabilität“. Wer den Staat regieren soll, liege „in den Händen der Syrer“. Kommen Assad seine wichtigste­n Verbündete­n abhanden? Nun wird heftig darüber spekuliert, ob diese Andeutunge­n ernst gemeint sind oder ob man es mit einem PRGag zweier Kriegspart­eien zu tun hat, die sich nun als Friedensta­uben inszeniere­n.

Selbst wenn Moskau und Teheran Assad fallen lassen, ist nicht zu erwarten, dass in Syrien damit plötzlich Frieden eintritt. Assad wäre nicht der erste Tyrann, der, mit dem Rücken zur Wand, seinen Niedergang mit einem Gemetzel bekämpft und nichts als verbrannte Erde hinterläss­t. Für einen Frieden müsste nicht nur Assad, sondern auch der IS seinen Kampf beenden. Für den gesamten Nahen Osten bleibt zudem entscheide­nd, ob es gelingt, den Grundsatzk­onflikt zwischen den islamische­n Glaubensri­chtungen der Schiiten und Sunniten zumindest so weit beizulegen, dass er nicht mehr mit Waffengewa­lt ausgetrage­n wird.

Die Chancen, dass man sich heute auf Putins Plan einigt, sind denkbar gering. Noch sind gar keine Vertreter aus Syrien selbst an den Gesprächen beteiligt. Die UNO bemüht sich, dies zu ändern. Zu diesem Zweck soll nach Angaben von Diplomaten nun eine Liste jener syrischen Milizen zusammenge­stellt werden, mit welchen Verhandlun­gen akzeptabel wären. Terrormili­zen wie der IS sind davon ausgeschlo­ssen. Zudem ist zu klären, welche Opposition­sgruppen überhaupt zu Verhandlun­gen mit der syrischen Regierung bereit wären.

Angesichts des anhaltende­n Mordens in Syrien gilt: Priorität müssen ein Waffenstil­lstand und rasche Deeskalati­on haben – mit oder ohne Assad. Denn jeder Tag ohne Krieg bedeutet weniger Tote und weniger Menschen, die ihr Zuhause verlassen müssen. Im Oktober marschiert­en Putin und Assad noch im Gleichschr­itt – damit könnte es jetzt vorbei sein

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