VON UNSEREM
diese spontane ist erlaubt. Unter den Augen der Polizisten findet sie statt. „Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen“, ist die Devise. Im Fernsehen spricht Innenminister Bernard Cazeneuve seinen Landsleuten Mut zu und ruft zu nationaler Einheit auf. Die Geheimdienste seien samt und sonders mobilisiert, sagt der Minister. Dass sie es auch schon vor den Anschlägen waren, sagt er nicht. Außenminister Laurent Fabius kündigt einen verstärkten Schutz der französischen Einrichtungen im Ausland an.
Vor einer Amtsstube werden Trikolore und europäisches Sternenbanner eingerollt. Von Sonntag bis einschließlich Dienstag soll Staatstrauer herrschen. Für Sonntagabend ist ein Gedenkgottesdienst in der Kathedrale Notre-Dame geplant, Montagmittag folgt eine landesweite Schweigeminute. Schulen, Museen, Schwimmbäder oder auch der Vergnügungspark Disneyland bleiben vorerst geschlossen.
Staatschef François Hollande hatte den Ausnahmezustand noch in der Nacht zum Samstag Rund 1500 Soldaten patrouillieren durch die Straßen der Hauptstadt. Wie die gesamte Nation stand auch der Präsident unter Schock, als er mit belegter Stimme versicherte, dass er die Grenzen Frankreichs dichtmachen und keine weiteren Anschläge zulassen werde.
Wunschdenken war das in der Stunde der Not. Denn natürlich sind die Grenzen nicht komplett abzuriegeln. Allenfalls die Kontrollen lassen sich verschärfen, was am Samstag dann auch passiert ist. Und dass sich Terroranschläge in Frankreich nicht verhindern lassen, hat das trotz erweiterter Geheimdienstbefugnisse und höchster Alarmstufe für die Sicherheitskräfte nicht vereitelte Morden aufs Brutalste illustriert. „Wir wissen, wer diese Verbrecher, wer diese Terroristen sind“, hat Präsident François Hollande auch gesagt. An die Öffentlichkeit gedrungen sind zunächst freilich nur Bruchstücke dieses Wissens.
Vom IS ferngesteuert
Als wahrscheinlich gilt, dass die in Syrien und Irak französischen Luftangriffen ausgesetzte Terrormiliz IS die Anschläge aus der Ferne gesteuert hat. Ein im Internet veröffentlichtes Bekenntnis zu den Anschlägen wie auch ein vor dem Stade de France sichergestellter syrischer Pass legen diese Annahme jedenfalls nahe. Ein den Tätern zugeordnetes Fahrzeug mit belgischem Kennzeichen weist zumindest auf Verbindungen ins Ausland hin.
Identifiziert ist bis Samstagabend erst einer der acht Terroristen. Es handelt sich um einen der vier Täter, die das Bataclan überfallen haben. Die Fingerabdrücke des Mannes weisen ihn als Franzosen aus, der dem Inlandsgeheimdienst als Islamist bekannt war, aber nicht als gefährlich galt. Dass er registriert ist, lässt die Fahnder hoffen, dass sein Umfeld ebenfalls erfasst ist und sie so möglichen Komplizen auf die Spur kommen können.
Identifizierungsproblem
Nicht in allen Fällen ist es freilich gelungen, Fingerabdrücke der Täter zu sichern. Die Körper der meisten Selbstmordattentäter waren durch die Explosion ihrer Sprengstoffgürtel so verstümmelt, dass sich die Gerichtsmediziner mit Fleischentnahmen begnügen mussten. Sie sollen nun als DNA-Proben ausgewertet werden.
Hinweise erhoffen sich die Ermittler außerdem von Augenzeugen, die sich in großer Zahl gemeldet haben. Julien Pearce, einer der 1500 Rockfans, die am Freitagabend im Bataclan den Eagles of Death Metal zuhörten, hat die Täter als „extrem jung“geschildert. Andere Zeugen haben zu Protokoll gegeben, die Täverkündet.
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