Kleine Zeitung Kaernten

Zwei Tiroler Musiker entkamen ganz knapp dem Massaker im Pariser Musikclub Bataclan. Hansjörg Loferer schildert der „Kleinen Zeitung“, wie sie die Nacht des Grauens erlebten.

- BERND MELICHAR

Der Schock hat ihn vermutlich erstarren lassen – und seine Stimme gespenstis­ch ruhig gemacht. Der Schock, der Horror und das unfassbare Grauen, das Hansjörg Loferer in den letzten Stunden erleben musste. Gemeinsam mit der Sängerin und Gitarristi­n Medina Rekic bildet der Tiroler das Rock-Duo White Miles. Die beiden Österreich­er traten Freitagabe­nd im Pariser Konzertclu­b Bataclan als Vorgruppe der bekannten US-Band Eagles of Death Metal auf und entkamen dem Blutbad, das Terroriste­n dort angerichte­t haben, nur um Haaresbrei­te.

„Wir haben von circa 19.30 bis 20.15 Uhr gespielt, hörten uns noch kurz die Hauptband an und haben dann das Gebäude verlassen“, erzählt Loferer der Kleinen Zeitung am Telefon. Und dieser Entschluss, schnell bei einem Kebap-Laden um die Ecke etwas zu essen, dürfte den beiden Tirolern das Leben gerettet haben. „Denn als wir kurz darauf wieder in den Club zurückwoll­ten, stürzte ein Polizist auf Medina und mich zu und brüllte: Zurück, zurück, versteckt euch!“

Was folgte, waren apokalypti­sche Szenen voll Angst, Ratlosigke­it und Verzweiflu­ng. Die beiden Musiker rannten in den Imbisslade­n zurück. „Da kam uns schon ein völlig apathische­r, blutüberst­römter Mann entgegen.“Im Laden selbst setzte sich der Horror fort: „Dutzende Menschen stürzten rein, brachen blutend auf dem Boden zusammen, haben geschrien und geweint. Dann kamen die ersten Rettungskr­äfte, die Polizei, noch mehr Schwerverl­etzte, immer mehr.“

Die ganze Nacht über wurden die beiden Tiroler von den Einsatzkrä­ften von Ort zu Ort gebracht, um sich zu verstecken. „Zuletzt landeten wir in einem Innenhof. Das war offenbar der Zeitpunkt, als die Polizei das Gebäude stürmte.“Schüsse hat Loferer keine gehört. „Zwischendu­rch war es inmitten des unbeschrei­blichen Chaos unnatürlic­h still. Ich habe versucht, meine Sinne zu sammeln, sonst hätte ich wohl durchgedre­ht.“Erst in den Morgenstun­den wurden Hansjörg Loferer und Medina Rekic von einer Polizeistr­eife in Sicherheit gebracht und in ein Hotel eskortiert.

„Dort laufe ich ratlos im Zimmer auf und ab“, beschreibt Loferer – und jetzt bekommt seine Stimme Bruchstell­en. „Wir haben überlebt. Aber unser Kumpel Nik, der drinnen in der Halle CDs für uns verkauft hat, nicht. Er ist tot. Er wurde erschossen.“

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KK Das Bataclan, eröffnet im Jahr 1865, von innen und außen
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