Ein Toter bei einem Medikamententest: Wie sicher sind Studien, wer gibt sie frei und wer nimmt teil? Die wichtigsten Antworten.
Ein Mann ist tot, fünf weitere mussten wegen schwerer Beschwerden behandelt werden: Das war das dramatische Ergebnis eines Medikamententests in Frankreich Anfang dieser Woche. Haben medizinische Studien ohnehin schon ein schlechtes Image, so wirft dieser dramatische Ausgang viele Fragen auf. Neben der Ursachenforschung, die den französischen Behörden obliegt, sind es vor allem Fragen zur Sicherheit solcher Studien.
Prinzipiell sind Vorkommnisse wie in Frankreich sehr selten: In Österreich habe es noch nie einen tödlichen Zwischenfall bei einer Phase-I-Studie gegeben, sagt Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der österreichischen Medizinmarktaufsicht. Sie ist eine der beiden Instanzen, die alle Studien, die in Österreich durchgeführt werden, prüfen und freigeben müssen.
Die zweite Instanz ist die Ethikkommission – an der MedUni Graz steht ihr Josef Haas vor. „Wir wägen Risiken und Nutzen ab und geben dann einen positiven oder negativen Bescheid ab.“Dass ein solcher Bescheid für eine Phase-I-Studie erstellt wird, sei in Österreich aber relativ selten: England, Spanien und eben Frankreich seien Länder, in denen es große Zentren mit guter Infrastruktur gebe.
Der TeGenero-Fall
„Gerade bei Phase-I-Studien ist man besonders kritisch“, sagt Haas, die Sicherheitsvorkehrungen seien besonders streng – und wurden im Jahr 2007 noch einmal verschärft. Anlass war ein dramatischer Zwischenfall, der heute als „TeGenero“-Fall betitelt wird: In Großbritannien erlitten Testpersonen Multiorganversagen, nachdem sie einen Wirkstoff gegen multiple Sklerose eingenommen hatten. Seither bekommen die Freiwilligen den Wirkstoff nicht gleichzeitig, sondern nacheinander und in sehr geringer Dosierung. Außerdem muss es einen genauen Plan für den Notfall geben, alle Nebenwirkungen müssen sofort gemeldet werden.
Diese strengen Sicherheitsvorkehrungen kennt Ursula Hanusch nur zu gut: Sie leitet ein Studienzentrum in Wien und führt regelmäßig Studien für Pharmafirmen durch – meist ab Phase II (siehe rechts). „Oft denken Patienten zuerst: Ah, dann sind wir Versuchskaninchen“, weiß Hanusch. Dabei habe sich gezeigt, dass vor allem Patienten, die an großen Phase-III-Studien teilnehmen, besser betreut werden als andere. Auch gebe es ein strenges „Alarmsystem“: „Falls im Labor auffällige Werte festgestellt werden, werde ich über drei Kanäle informiert und muss den Patienten zu mir bestellen“, sagt Hanusch. Zusätzlich gebe es eine genaue Überwachung jeder Nebenwirkung und externe Kontrollen. Als Teilnehmer hat man auch jederzeit die Möglichkeit auszusteigen.
Nicht ködern
„Wir dürfen nicht mit Geld ködern“, sagt Hanusch. Patienten bekommen nur eine Fahrtkostenentschädigung, maximal 50 Euro pro Termin. Bei Phase-I-Studien ist das anders: Zwischen 100 und 4500 Euro zahlt das französische Unternehmen, auch in Österreich werden die Freiwilligen je nach Dauer der Studie bezahlt. „Man wird immer etwas verbessern können, aber ein Patient ist in einer Studie sicher aufgehoben“, sagt Hanusch.