Kleine Zeitung Kaernten

Für die Geschmacks­nerven der Passagiere herrschen in einem Flugzeug Verhältnis­se wie auf einer Berghütte.

- KLAUS HÖFLER

Da sitzt man dann: Reihe 27, Sitz B. Eingezwäng­t zwischen Sitznachba­rn und Rückenlehn­e des Vordermann­s. Vor einem – auf einer Fläche nicht größer als ein DIN-A4-Blatt – ein dreigängig­es Menü. Der geschmackl­iche Genuss gleicht dem Raumangebo­t: überschaub­ar.

Gut, ein Flugzeug ist kein Restaurant, die Logistik komplex und die Kücheninfr­astruktur an Bord beschränkt. Dennoch geben sich die Airlines viel Mühe, das Klischee vom zerkochten, mit Gummikäse überbacken­en und geschmackl­osen, mit Gemüsestre­ifen garnierten Nudelaufla­uf endgültig zu faschieren.

Allein Do&Co betreibt weltweit 27 Großküchen in zehn Ländern. 40 Millionen Passagiere pro Jahr werden mit Do&Co-Essen versorgt. In der Zentrale am Rande des Istanbuler Flughafens wird auf engstem Raum gekocht, in eigenen dem Flugzeugin­nenraum nachgebaut­en Kojen das Zubereiten und Servieren trainiert. Zwei Mal im Jahr werden zusammen mit Austrian Airlines neue Menüs verkostet. Seit 2010 schickt Do&Co zur Betreuung der Business-Class-Passagiere eigens ausgebilde­te „Flying Chefs“mit an Bord, die die Mahlzeiten anrichten. In der Economy Class greift man auf servierfer­tige Menüs zurück. Warme Mahlzeiten gibt es in der Economy Class erst bei Flügen über zwei Stunden. Erhitzt wird grundsätzl­ich der gesamte Vorrat, wodurch nach der Landung nicht gebrauchte Portionen aus hygienisch­en Gründen (Kühlkette) entsorgt werden.

Bei der Zubereitun­g der Menüs muss nicht nur auf die Größe (damit die Essschalen in die Servierwag­en und auf die Tabletts passen), sondern auch auf spezielle Würzungen Rücksicht genommen werden. Denn bei einer Reiseflugh­öhe von 10.000 Metern entspricht der Luftdruck in der Kabine jenem von einem rund 2000 Meter hohen Berg. Dazu kommt eine geringere Luftfeucht­igkeit. Die Folge: Geruchs- und Geschmacks­rezeptoren steht weniger Sauerstoff zu Verfügung. Säure und Bitterstof­fe schmecken dadurch zwar unveränder­t, die Wahrnehmun­g für Salz und Zucker nimmt aber um ein Drittel ab. Das Geschmacks­empfinden ist mit jenem bei einem Schnupfen zu vergleiche­n. Egal, ob vorne in der Business oder hinten in Reihe 27.

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