Eine Partei wie im Rausch
Donald Trump nimmt die Kandidatur für das Präsidialamt mit einer Rede an, die Fragen offenlässt. Aber das stört niemanden bei den Republikanern.
Ivanka Trump übt sich im Weichzeichnen. Die Tochter von Donald Trump sagt, der New Yorker Immobilienmilliardär sei ein großherziger, großzügiger Mann, geübt im harten Baugeschäft und deswegen geradezu prädestiniert für den Job im Weißen Haus. Wer in Not sei und deswegen mit ihm spreche, habe unmittelbar hinterher das Gefühl, das Leben sei wieder lebenswert. Sagt die Tochter und bittet den Vater auf die Bühne der Arena von Cleveland. Der beginnt seine Antrittsrede als Präsidentschaftskandidat der Republikaner, und schnell ist klar, dass sie übertrieben hat. Aber den Delegierten gefällt das.
Zwar gibt sich Trump anfangs noch etwas leiser als gewohnt, manche Beobachter wollen gar so etwas wie einen präsidialen Redestil heraushören. Doch schnell kommt Trump auf gewohnte Touren und bedient sich jener Töne, mit denen er im Vorwahlkampf erfolgreich war, fast 14 Millionen Stimmen bekommen und 16 Gegenkandidaten aus dem Rennen geworfen hat.
Trump liefert eine perfekt auf sein Publikum zugeschnittene Rede ab. Er sagt dem Wahlvolk, was es hören will. Dass Präsident Barack Obama und dessen ehemalige Außenministerin Hillary Clinton, die gegen Trump zur Wahl antritt, das „großartigste Land auf Gottes Erden“zugrunde gewirtschaftet hätten. Dass Clinton für jedes außenpolitische Problem der USA verantwortlich sei. Dass die demokratische Kandidatin eine Lügnerin sei. „Die Probleme, denen wir uns gegenübersehen – Armut und Gewalt zu Hause und Krieg und Zerstörung im Ausland –, werden nur so lange anhalten, wie wir uns auf dieselben Politiker verlassen, die sie erst geschaffen haben“, schreit Trump: „Das ist das Erbe Clintons: Tod, Zerstörung, Terrorismus und Schwäche.“
Immer wieder bekommt er dafür Applaus. Die Abneigung gegen Clinton eint die Republika- ner, von denen sich viele nicht mit dem Kandidaten anfreunden können. „Sperrt sie ein, sperrt sie ein!“, schreien die Leute im Saal, als Trump auf der Bühne sagt, es sei ein Skandal, dass Clinton wegen ihrer E-Mail-Affäre straffrei davongekommen sei. Ohrenbetäubender Applaus erhebt sich, als Trump sagt, er werde eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen, um illegale Einwanderer abzuhalten, und er werde kurzen Prozess mit den islamistischen Terroristen machen. „Ich bin der Kandidat, der für Recht und Ordnung steht“, sagt Trump. Angriffe auf Polizisten seien Angriffe auf alle Amerikaner.
Berauscht vom Erfolg
Tausende Republikaner sind an diesem Abend wie berauscht von der Vorfreude, Trump im Weißen Haus zu sehen. Der Republikaner schafft es in seiner Rede, die Pannen und Peinlichkeiten zu überdecken, die den Nominierungsparteitag geprägt haben. Erst wurde seiner Frau Melania vorgeworfen, dass sie in ihrer Rede bei Michelle Obama abgekupfert hat. Es klappte das Krisenmanagement nicht. Dann sorgte noch Trumps politischer Erzfeind Ted Cruz für einen Eklat, weil er nicht
zu Trumps Wahl aufrief. Dass der Kandidat in seiner Rede keine Inhalte liefert und schon gar keine Lösungen für die Probleme des Landes anbietet, stört in der Vorfreude die wenigsten Zuhörer.
Sie scheinen schon mit Trumps Versprechen allein zufrieden zu sein. Er will das Land umkrempeln. Künftig werde „Amerika zuerst“gelten. Er werde dafür sorgen, dass Jobs aus dem Ausland wieder in die USA zurückkehren. Er werde Handelsverträge neu verhandeln und Amerika wieder den ihm zustehenden Respekt verschaffen. Er werde das Militär stärken, Steuern senken, Straßen ausbessern, Veteranen helfen, Bildung stärken. Wie er das machen und vor allem bezahlen will, verrät Trump nicht.
Es gibt auch die Skeptiker. Bethany Bostron ist zum ersten Mal als Delegierte auf einem Parteitag. Die 25 Jahre alte Frau aus Williamsburg in Virginia sagt, ihr gefalle die apokalyptische Stimmung nicht: „Ich hätte es lieber, wenn er mir sagen würde, wofür wir sind, nicht nur wogegen.“Doch Skeptiker sind in der Minderheit. Der Abend gehört Trump und seinen Jüngern, die keine Widerworte hören wollen.