Das Rennen mit dem Strafenkatalog
Motorenstrafen, Getriebestrafen, Funkstrafen – entscheiden sie am Ende vielleicht sogar den Ausgang der Formel-1Weltmeisterschaft?
Zuerst konnte sich Nico Rosberg auf dem Hungaroring über seinen neuen Zweijahresvertrag bei Mercedes freuen. Danach musste der Deutsche zittern: Was ist mit seinem Getriebe? Denn nach den Problemen in Silverstone musste er damit rechnen, zusätzlich zu der dortigen 10-Sekunden-Strafe für die nicht erlaubte Hilfe aus der Box jetzt auch noch eine weitere Bestrafung zu kassieren: eine Rückversetzung um fünf Plätze wegen eines erneuten Getriebewechsels. Zunächst einmal gab Mercedes nach dem Freien Training Entwarnung: Im Moment sehe es nicht so aus, als sei ein Wechsel erforderlich. Eines ist klar: Auf dem engen Hungaroring mit seinen schlechten Überholmöglichkeiten wäre eine Rückversetzung ein extremer Nachteil.
Die immer extremere und engere Bauweise im Heckbereich der Formel-1-Autos ist einer der Gründe dafür, warum in dieser Saison die Anzahl der Strafen für vorzeitige Getriebewechsel so extrem gestiegen ist. Selbst bei Bagatell-Unfällen, bei denen das Auto hinten nur einen leichten Schlag bekommt, beschädigt die Antriebswelle sofort die Innereien des Differenzials. Zweiter Grund sind die Motoren, die immer mehr Power und Drehmoment entwickeln – und die Getriebe immer stärker belasten.
Für Rosbergs Rivalen Lewis Hamilton liegt das Problem aktuell auf der Motorenseite. Er ist ja bereits mit dem fünften und letzten erlaubten Triebwerk in dieser Saison unterwegs, weiß also, dass ihn da bald Strafen erwarten, weil er noch zusätzliche Antriebsaggregate brauchen wird. Der momentane Plan bei Mercedes sieht wohl so aus, bei Hamilton am Spa-Wochenende gleich zwei neue Motoren zum Einsatz zu bringen, mit denen man dann die restlichen acht Rennen durchzukommen hofft. Dann würde der Weltmeister zwar nicht nur zehn Plätze, sondern ganz ans Ende der Startaufstellung zurückversetzt, hätte den Ärger aber eben nur bei einem statt bei zwei Ren-
nen. Und das auf einem Kurs, auf dem mit dem überlegenen Mercedes das Überholen verhältnismäßig einfach sein sollte.
Unkalkulierbar
Mit den verschärften Funkregeln, die die Möglichkeiten der Teams, ihren Fahrern im Falle technischer Probleme Anweisungen zu geben, ist aber jetzt noch ein weiteres unkalkulierbares Feld dazugekommen. Vor allem, weil noch nicht klar ist, ob es bei einer Verletzung der Regeln dann weiter bei einer 10-Sekunden-Strafe bleiben würde wie bei Rosberg in England oder ob härtere Sanktionen drohen. Denn realistisch gesehen wären wohl in vielen Fällen zusätzliche zehn Sekunden ein geringerer Zeitverlust als der in den Regeln vorgesehene Boxenstopp zur Problembehebung.
Angesichts des engen Titelduells der beiden Mercedes-Piloten lassen diese Szenarien befürchten, dass am Ende eine dieser Strafen die WM-Entscheidung massiv beeinflussen könnte.