„Dabei hat uns keine Sau gekannt“
Spielt die Musi in Bad Kleinkirchheim, sind mittlerweile auch die Amigos Stammgäste. Dem Brüderpaar ist der Durchbruch vor zehn Jahren „passiert“.
Die Titelseiten gehören anderen Schlagerstars, die enorme Breitenwirkung des Duos hinterfragt auch keiner, nicht einmal in den Klatschspalten sind die Brüder aus Hessen regelmäßig zu finden. Helene Fischer und Andreas Gabalier kennt jeder – ob er will oder nicht. Die Amigos werden von ihren Fans geliebt, allen anderen sind Bernd (65) und Karl-Heinz Ulrich (67) weitestgehend fremd.
„Ob über uns wenig geschrieben wird oder ob wir wegen unseres Alters in manche Sendungen nicht mehr eingeladen werden, lässt uns kalt“, sagt KarlHeinz und erklärt warum: „Für uns zählen die Verkaufszahlen. Wir haben in zehn Jahren fünf Millionen CDs verkauft. Das sagt alles.“Stimmt, in diesen Sphären spielen nur wenige. Die letzten zwei Alben waren in der Schweiz, Deutschland und Österreich auf Platz eins. Der Neuling „Wie ein Feuerwerk“, seit gestern im Handel, wird ähnlich durchstarten. Dafür sorgt auch der Auftritt am Abend beim „Musi-Open-Air“in Bad Kleinkirchheim.
Musik als Hobby
50 Jahre gibt es die Amigos heuer, ihr Durchbruch 2006 war nicht Teil der Lebensplanung: „Wir hatten unsere Musik am Wochenende als Hobby und waren zufrieden“, sagt Bernd. „Im Alter von 58 und 56 denkst du nicht mehr daran, eine Musikkarriere zu machen“, ergänzt Karl-Heinz. Zudem hatten sie gute Jobs. Bernd war Braumeister, Karl-Heinz Lkw-Fahrer. Aber plötzlich lief vor zehn Jahren alles zusammen. Auf Radio Melody wurden ihre Titel gewünscht, auf einem Shoppingkanal entwickelte sich ein Best-of-Album zum Verkaufsschlager. „Dabei hat uns keine Sau gekannt“. Und dann holten sie sich in „Achims Hitparade“im MDR noch den Titel „Musikantenkönig“. Dass es seither nur einen Echo – Deutschlands wichtigster Musikpreis – gab, scheint in Anbetracht von zehn Nominierungen (von 2007 bis 2016) fast ungerecht.
Warum Erfolg ändern?
Stilistisch blieben sich die Amigos seither ebenso treu wie optisch: „Warum soll man Erfolg verändern? Unsere Fans erwarten das von uns. Auch bestimmte Texte. Man muss ganz klar sagen, wir spielen ja für keine 18-Jährigen“, gibt Bernd offen zu. Wichtig ist es ihm aber, darauf hinzu-
weisen, dass es auch Sozialkritik gibt: „In unseren Liedern geht es auch um Obdachlosigkeit oder Kindesmissbrauch.“Beide fordern vehement eine Anhebung des Strafmaßes: „Lebenslang ohne Chance auf Begnadigung“hält Karl-Heinz für angemessen. „Nach Konzerten kommt manchmal ein Fan zu uns und sagt: ,Hey, Amigos, ich finde super, dass ihr das macht – ich bin eine Betroffene.‘ Dann erzählt sie eine Geschichte, da läuft es dir kalt den Rücken runter“, gibt Bernd ein Beispiel für berührende Reaktionen von Fans.
In den ersten 40 Jahren ihrer Karriere, als sie von Fest zu Fest tingelten, komponierten und texteten die Brüder noch selbst. „Wir haben mehr als 500 Titel geschrieben, aber seit wir 150 Tage im Jahr auf Tournee sind, fehlt dafür einfach die Zeit“, erklärt Bernd. Heute bekommen die Amigos laufend Melodien und Texte angeboten: „Und was zu uns passt, nehmen wir.“
In Sachen Zukunft reicht der Blick einmal bis 2018: „Das Feuer für die Musik brennt auf alle Fälle noch“, sagt Bernd: „Wir haben unseren Vertrag bei Sony bis 2018 verlängert, machen noch zwei Alben, und dann entscheiden wir, wie es weitergehen soll. Dann wird Karl-Heinz 70 Jahre alt. Da könnte man auch Danke schön sagen.“Heute Abend in Bad Kleinkirchheim freuen sie sich besonders, das Nockalm Quintett, Semino Rossi, Nik P. und die Paldauer wieder zu treffen.
Bayern oder Gladbach?
Auf die Frage nach der brüderlichen Harmonie gibt es „seit Jahren“dieselbe Antwort: „Streit haben wir nie, weil wir an dieselbe Sache glauben. Nur beim Fußball gibt es Diskussionen. Weil ich Gladbach-Fan bin und Bernd Bayern-Anhänger.“