Der dopingfreie Sport bleibt eine Illusion
Das IOC hat eine Jahrhundertchance vergeben.
Der Medaillenspiegel der Olympischen Spiele in Vancouver war ein russisches Sportdesaster. Vier Jahre vor den imageträchtigen Jahrhundertspielen an der Schwarzmeerküste gewann die große Nation in Kanada genau drei Goldmedaillen. Da war sogar Österreich besser.
Was in den Jahren bis Sotschi und darüber hinaus folgte, stürzte den Sport in eine tiefe Krise. Der russische Größenwahn führte zu einem breit angelegten Sportbetrug. Das Tuning der Wettkämpfer machte vor keiner Sportart halt. Nach den Wintersportlern folgten Leichtathleten und Schwimmer.
Russland machte die Leistungssteigerung seiner Athleten zum Staatsprogramm, rechnete aber nicht damit, dass drei Sportler zu Überläufern mutierten, Einzelheiten über das Staatsdopingsystem ausplauderten und eine Lawine auslösten. Der abschließende Bericht von Richard McLaren, dem Chefaufdecker der Welt-AntiDoping-Agentur (Wada) tat ein Übriges.
Nach der Suspendierung der gesamten russischen Leichtathleten durch den Weltverband IAAF waren viele Experten geneigt, den gesamtheitlichen Ausschluss der russischen Sportnation zu erwägen. Das IOC musste aktiv werden. Zu hoch wurde der Druck. Jetzt mag der Oberolympier aber ein besonnener Mensch sein, der unangenehme Entscheidungen vertagt oder anderen (Fachverbänden) überträgt. Das ist feig. Der als „Russenversteher“bezeichnete Thomas Bach wartete nach der ersten Krisensitzung das Urteil des Sportgerichtshofes über die Leichtathleten ab. Härteste Strafen hatte er wohl angekündigt. Die Sportwelt war schon vorbereitet auf den größten Sportskandal aller Zeiten.
Zum kompletten Bann konnte sich das Exekutivkomitee trotz bewiesenen flächendeckenden Dopings nicht entschließen. Unter gewissen Auflagen dürfen „ehrliche Sportler“an den Spielen in zwei Wochen teilnehmen und am 5. August unter russischer Flagge ins Maracanã-Stadion einmarschieren.
Thomas Bach hat es nicht gewagt, der jahrelang funktionierenden Vertuschungspolitik des Wladimir Putin entgegenzutreten. Das IOC hat mit aller Entschlossenheit sich nicht getraut, ein Exempel zu statuieren und wirklich saubere Sportler als Kollateralschaden hinzunehmen. Und so hat das IOC trotz mächtig angekündigter Taten mit großen Worten keinen Schlussstrich gezogen. Dem Doping bleiben so weiter Türen und Tore geöffnet. Ethik, Anstand, Glaubwürdigkeit sind leere Worthülsen. Der entgiftete Sport bleibt eine Illusion. Schade um die große Chance.
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