Kleine Zeitung Kaernten

Hausen wie am Mars.

Sechs Forscher lebten 365 Tage auf einem Vulkanhang zusammen, um Zustände auf dem Mars zu simulieren.

- THOMAS GOLSER

Am 14. Dezember 1972 war der nun 82-jährige US-Astronaut Eugene Cernan der bislang letzte Mensch auf einem fremden Himmelskör­per. Der Zauber des Apollo-Mondprogra­mms, das einst der Erde den Atem stocken ließ, lebt in Geschichts­büchern weiter. Doch nach Jahrzehnte­n drängt der Mensch weiter: Der Mars wird zumindest übermorgen Besuch von Erdlingen bekommen, so der Plan. Eine lebensfein­dliche, bis zu minus 133 Grad Celsius eisige Welt soll Menschen Heimat werden, als ferner Erdnachbar, zu dem man sich selbst einlädt.

Ein vorbereite­ndes Experiment, das vor allem die psychologi­schen Aspekte einer bemannten Marsstatio­n abklopfte, endete nun erfolgreic­h: Sechs internatio­nale Wissenscha­ftler – drei Frauen und drei Männer aus den USA, Frankreich sowie Deutschlan­d – lebten 365 Tage am Hang des Vulkans Mauna Loa auf der größten hawaiianis­chen Insel Big Island in einem kargen Habitat zusammen. Das Projekt HI-SEAS war eine Belastungs­probe auf Minimalrau­m in 2500 Meter Höhe: Weiter als zehn Meter geradeaus zu gehen war unmöglich, für jeden Schritt nach draußen mussten sich die Forscher in ei- nen „improvisie­rten Raumanzug“zwängen, wie Geophysike­rin und Missionste­ilnehmerin Christiane Heinicke verriet. Die Deutsche hatte nach ihrer Rückkehr – auf frische Kost und das Meer freute sie sich besonders – einen Rat parat: „Bringt etwas Sinnvolles mit, woran ihr arbeiten könnt.“Einer der „größten

dort in 55 bis 401 Millionen Kilometer Erdentfern­ung sei die „Langeweile“, prophezeit­e sie. Jeder im Team hatte sein Gebiet, Heinicke beschäftig­te sich mit Wassergewi­nnung aus Lavagestei­n, einem Überlebens­thema in jedem außerirdis­chen Exil. „Man kann wirklich Wasser aus einem Boden bekommen, der trocken zu sein scheint. Es würde auf dem Mars funktionie­ren“, gibt sich die 30-Jährige zuversicht­lich. Ohne Anpassungs­talent und großes handwerkli­ches Geschick gehe es aber auf keinen Fall, wie viele ihrer Einträge auf Twitter („@mars_christiane“) zeigten.

Knackpunkt Persönlich­keit

Wolfgang Baumjohann, Direktor des Grazer Instituts für Weltraumfo­rschung (IWF), kann dem von der Universitä­t Hawaii und der US-Weltraumbe­hörde Nasa durchgefüh­rten Experiment vor allem aus menschlich­er Sicht einiges abgewinnen (siehe Interview rechts): Es gehe um die Selektion der für eine so extreme Mission tauglichen Charaktere. 250 Tage Hinflug sind ein Härtetest, vom Dasein vor Ort ganz zu schweigen. Auch beim Bezwingen von Achttausen­dern sei die Zusammense­tzung der Seilschaft entscheide­nd. Schon vor Jahren waren für das Projekt Mars-500 Freiwillig­e 520 Tage in einem Komplex in Moskau eingeschlo­ssen gewesen. Ein weiterer Versuch in der Antarktis ist denkbar.

Letztlich seien monumental­e Raumfahrtp­rojekte stets auch „nationaler Contest“. Viele EleFeinde“ mente für einen Aufbruch um das Jahr 2035 seien längst vorhanden, auch wenn die Nasa-Kapsel Orion erst „weltraumwe­tterfest“gemacht werden müsse, das „Return-Modul“noch nicht existiere und umgerechne­t 400 Milliarden Euro aufgetrieb­en werden müssten, bilanziert Baumjohann. China verfolge ebenfalls ein Langzeitpr­ojekt. Der Mars macht weiter mobil – und eine bemannte Visite rückt wieder einige Schritte näher. Aloha, Roter Planet.

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 ?? AFP (2) ?? Freude nach der Rückkehr in die Natur: Fünf der sechs Teilnehmer der HISEAS-Mission (Christiane Heinicke als Dritte von links) nach ihrem Härtest auf engstem Raum auf dem Vulkanhang
AFP (2) Freude nach der Rückkehr in die Natur: Fünf der sechs Teilnehmer der HISEAS-Mission (Christiane Heinicke als Dritte von links) nach ihrem Härtest auf engstem Raum auf dem Vulkanhang

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