Es ist die Obergrenze der politischen Drohungen
In Berlin steuert die Koalition auf den Showdown zu.
Die Große Koalition in Berlin streitet über eine Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland. Das sieht zunächst nach einem ausgewachsenen Sommergewitter aus oder nach später Einsicht in die Realität. Doch dahinter verbirgt sich eine Machtprobe auf mehreren Ebenen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Wortwahl und Idee vom Koalitionspartner CSU aufgegriffen – was an sich schon selten vorkommt – und eine Obergrenze für Integration gefordert. Verbunden hat er das mit der in der Flüchtlingsdebatte bisher deutlichsten Kritik an seiner Koalitionspartnerin und Regierungschefin Angela Merkel. „Die Union hat die Herausforderungen unterschätzt“, sagte er im ZDF-Sommerinterview.
Die CSU fordert schon seit Monaten eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Doch bislang blitzen die Bayern an der Schwesterpartei CDU und ihrer Parteichefin ab. Anders als Merkel will auch CDUInnenminister Thomas de Maizière den Zustrom begrenzen, hat aber stets betont, dass er die in einer „humanitären Ausnahmesituation“von Merkel getroffene Entscheidung „stützt und für richtig hält“. Er wolle seine Forderung nicht als Kritik verstanden wissen und Merkel bekräftigte, sie sehe den Vorstoß nur als Anstoß. Sie sei aber weiterhin gegen eine solche Begrenzung. Beide spielen schon lange Good Cop – Bad Cop.
Der Ring der Kritik aus den Reihen der politischen Partner um Merkel schließt sich immer enger. Die Umfragen für die CDU-Vorsitzende und ihre Partei schmelzen langsam, aber unaufhörlich dahin. Bester Ausdruck für die Machtprobe ist sicher ihr langes Zögern bei der Frage, ob sie 2017 für eine vierte Kanzlerkandidatur zur Verfügung stehen will.
Es geht dabei natürlich nicht nur um ihre Haltung, aber eben doch hauptsächlich. Auch weil ihr die Partner aus Bayern schon lange die unverbrüchliche Gefolgschaft verweigern. Aus der CDU heißt es, CSUChef Horst Seehofer wolle erst im Frühjahr entscheiden, ob seine Partei erneut Merkel unterstützen wolle oder doch selbst gegen sie im Rest der Republik antritt. Das ist die ultimative Drohung, dass die Union dann keine Union mehr ist. Merkel soll gekontert haben, dass sie die Kandidatur mit der Abstimmung über den Parteivorsitz verbinden will. Es wäre die absolute Vertrauensfrage.
Z wölf Monate nach dem Satz „Wir schaffen das“ist gleichzeitig zwölf Monate vor der nächsten Bundestagswahl. Mit seiner Attacke hat Gabriel den Wahlkampf eröffnet und die Frage gestellt, ob er, ob Horst Seehofer, oder ob doch noch einmal Angela Merkel es schaffen kann.