Jetzt beginnt eine neueZeitrechnung
Die Euphorie der Euro-Qualifikation war bei der EM rasch verpufft. ÖFB-Präsident Windtner schaut aber nach vorn.
Ein wenig spürt man den Stachel noch, den die EM-Endrunde in Frankreich hinterlassen hat. Statt des erhofften Triumphes gab es für Österreich in Frankreich die – so gar nicht befürchtete – Tristesse. Die Ursachenforschung scheint abgeschlossen, zumindest intern. Und der Präsident des österreichischen Fußball-Bundes, Leo Windtner, zeigt sich vor der am Montag in Tiflis gegen Georgien beginnenden Qualifikation für die WM 2018 in Russland schon wieder zuversichtlich.
Pflichtsieg? Keine Spur!
Die verkorkste EM der österreichischen Nationalmannschaft sei abgehakt, sagt er. Nun gelte es, die in der EM-Qualifikation unter Beweis gestellten Qualitäten wieder abzurufen, betont der Oberösterreicher. Auch wenn sich die Erwartung im Vergleich zur Auslosung vor einem Jahr, als Österreich gar als Gruppenfavorit gehandelt wurde, ein wenig geändert hat. Schon zum Auftakt bei den Georgiern gilt: Von einem „Pflichtsieg“will niemand sprechen. „Es bringt nichts, einen künstlichen Druck aufzubauen“, erklärt Windtner und verweist auf den Start in die EM-Qualifikation, ein 1:1 daheim gegen Schweden. „Da haben auch schon einige geglaubt, wir haben die EM-Teil-
nahme verspielt.“Doch es folgten neun Siege in Serie, ein positiver Schwung, der nahezu eine kleine Hysterie im Land auslöste. Das ist ebenso vergessen wie die Enttäuschung, beteuert Windtner: „Es beginnt jetzt eine komplett neue Zeitrechnung.“
Allerdings gegen einen äußerst unangenehmen Gegner. „Die Georgier haben in der letzten Qualifikation aufgezeigt, die Deutschen haben sich gegen sie zweimal abgemüht. Außerdem haben sie ein Testspiel gegen Spanien gewonnen – auswärts noch dazu. Wir sind also zur Genüge gewarnt“, sagt Windtner.
Dennoch besteht beim 65-Jährigen großer Optimismus, dass man die Heimreise aus Tiflis mit drei Punkten antreten wird: „Ich glaube, die Akkus sind wieder aufgeladen. Daher können wir mit einer gewissen Zuversicht in dieses schwierige Match ge- hen.“Ein gelungener Start wäre von großer Bedeutung, um sich den Traum von der ersten WMTeilnahme seit 1998 in Frankreich erfüllen zu können. „Wir werden alles unternehmen und alle Kräfte mobilisieren, um unter die Top zwei zu kommen. Das ist unser klares Ziel, aber garantieren kann man die Resultate nicht“, sagt Windtner.
Knifflige Gegner
Die ÖFB-Auswahl habe es mit kniffligen Gegnern zu tun. „Die Gruppe hat sich nach der EM als wesentlich stärker herausgestellt, als nach der Auslosung noch analysiert worden war. Wales ist durch die EM eine fixe Größe geworden und Irland hat das Turnier gut bestanden. Außerdem hat Serbien große Erfolge im Nachwuchsbereich“, meint der Verbandschef. Bedenken, dass die Auftritte bei der Euro 2016 den Zuspruch für die ÖFB-Auswahl im eigenen Land geschmälert haben könnten, hat Windtner nicht: „Ich glaube an unser Team und genauso an die riesige FanGemeinschaft der Nationalmannschaft.“
Begrüßt hat Windtner die vorgenommenen Adaptionen im Teamkader von Marcel Koller – der große Umbruch blieb ja aus. Einzig Louis Schaub und Michael Gregoritsch dürfen sich über erstmalige Einberufungen durch den Teamchef freuen. „Er setzt auf Kontinuität und liegt damit auf einer Linie mit dem ÖFB. Es gibt keinen Grund, alles über Bord zu werfen“, erklärt der Verbandspräsident.
Wer wird Kapitän?
Schon heute soll in Wien die Kapitänsfrage geklärt werden. Nach dem Rücktritt von Christian Fuchs ist der Kapitänsposten ja – noch – vakant. Im Grunde spricht viel dafür, dass der Neo-Leverkusener Julian Baumgartlinger dessen Nachfolge antritt. Der Salzburger hat auch schon angekündigt, die Rolle gerne übernehmen zu wollen. Aber auch David Alaba ließ kürzlich in einem Interview anklingen, sich die Kapitänsrolle zuzutrauen: „Ich habe schon oft bewiesen, dass ich eine Mannschaft auf dem Feld führen kann.“Die Entscheidung obliegt letztlich Teamchef Marcel Koller.