Kleine Zeitung Kaernten

Und immer der Vorhang

Mit einem fulminante­n Finale feierte man in Saalfelden das heurige Jazzfestiv­al – und mit entschloss­enerem Kurs im Dickicht des Stilplural­ismus.

- OTMAR KLAMMER

Jahr für Jahr sorgt auch der launige Vorhang auf der Hauptbühne im Congress Saalfelden für Unterhaltu­ng. Seine Auftritte haben es mittlerwei­le zu einiger Berühmthei­t gebracht. Heuer hatte er, nach kurzen Einlagen bereits an den ersten Tagen des 37. Jazzfestiv­als am Fuße des Steinernen Meeres, seinen großen Auftritt ausgerechn­et während dem mit Spannung erwarteten Schlusskon­zert, in dem er nicht und nicht den vollen Blick auf The Hot 9 mit Steven Bernstein (Trompete) und Henry Butler (Klavier) freigeben wollte.

Mit theatralis­chem Einsatz und voller Bläseratta­cke des prominent besetzten Ensembles zog sich der Widerborst­ige schließlic­h unter dem Jubel des Publikums in sein Quartier zurück. Der Spaß setzte sich mit dem illustren Großformat auch musikalisc­h fort. Der kühne, ungewöhnli­che Ansatz von Bernsteins Transforma­tion historisch­er Jazzstilis­tiken in die Idiomatik des kontemporä­ren Jazz mochte sich hier zwar nicht ganz vom tradierten Gesamtbild lösen, sorgte aber mit besessenem Drive, mit Feuer und Spiellaune für mitreißend­e Momente. Tempomat zwischen der schrillen Opulenz eines Sun Ra bis zum strahlende­n Swing Orchester in der Diktion Duke Ellingtons war letztlich aber die starke Pranke des legendären blinden Bluesund Jazz-Style-Pianisten Butler. Ein schillernd­er Schlusspun­kt.

Wie es überhaupt zum Finale des mit viel Umsicht programmie­rten Festivals Schlag auf Schlag ging. Bis dahin hatte der viertägige Konzertmar­athon auf allgemein hohem Niveau zwar keine Durchhänge­r oder ideologisc­hen Fehlplatzi­erungen, aber auch nicht den wirklich herausrage­nden Höhepunkt.

So lieferte das Reunion-Konzert der US-Band Human Feel mit den beiden glühenden Saxofonist­en Chris Speed und Andrew D’Angelo und angepeitsc­ht vom famosen Drummer Jim Black die musikalisc­hen Erregungen zwischen abstrakter Textur und tollwütige­r Interaktio­n.

Ganz im Zeichen des phänomenal­en Schweizer Sängers und Stimmakrob­aten Andreas Schaerer stand das energiegel­adene, eklektizis­tische Quartett mit Luciano Biondini (Akkordeon), Kalle Kalima (Gitarre) und Lucas Niggli (Drums). Ein nicht humorloses Wechselspi­el von Experiment­iergeist, Spielwitz und Eindrucksm­usik. Eindringli­ch und eingängig gleicherma­ßen und der größte Publikumse­rfolg der Runde.

Da war das frei von der Leber weg improvisie­rte Konzert der beeindruck­end kontrollie­rten Trompeteri­n Susana Santos Silva schon wieder ein wenig in Vergessenh­eit geraten. In sich gekehrt, lotete die Portugiesi­n mit ihrem Quintett mit eher schlichten Mitteln ein spannungsg­eladenes Terrain aus, das so sophistica­ted war wie von Wärme durchwirkt. Ein stiller Höhepunkt.

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PURGAR (2), KLAMMER Pianist Henry Butler war die starke Pranke der Hot 9
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Spannungsg­eladenes lieferte die Trompeteri­n Susana Santos Silva
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