Kleine Zeitung Kaernten

Ende eines

Dilma Rousseff ist nun endgültig nicht mehr Staatspräs­identin von Brasilien. Der Senat in Brasília stimmte für die Amtsentheb­ung. Damit endet die Ära des Sozialismu­s, die Lula 2003 begann.

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Es war leidenscha­ftlich emotional, wie sich Dilma Rousseff im Senat verteidigt­e. Über 14 lange Stunden sprach dort Montagnach­t keine suspendier­te Präsidenti­n, sondern eine zutiefst verletzte Frau, die sich zu Unrecht auf der Anklageban­k sah. Sie verglich die Amtsentheb­ung gegen sie mit den Erfahrunge­n als Widerstand­kämpferin in der Diktatur. Diese Gewaltherr­schaft überlebte die 68-Jährige. Auch eine Krebserkra­nkung besiegte sie. Und nun werde gegen sie die „politische Todesstraf­e“verhängt“, sagte sie. Schuld sah sie bei sich keine, nicht einmal für die fatale wirtschaft­liche Situation des Landes.

Die Präsidenti­n der linken Arbeiterpa­rtei PT war seit Mai suspendier­t, hatte sich also lange auf ihre emotionale Verteidigu­ngsrede vorbereite­n können. Ernsthafte Versuche, ihr Schicksal noch einmal abzuwenden, machte sie allerdings nicht. Rousseff konnte ihre Opferrolle nicht überwinden und um ihr Amt kämpfen. Die Präsidenti­n hat sich bis zuletzt geweigert, das Spiel in der Hauptstadt Brasília mitzuspiel­en, wo es politische Loyalität nur gegen Gefallen, Posten oder schlicht direkte Bezahlung gibt. Rousseff geht als dickköpfig­e, uneinsicht­ige, aber aufrechte Politikeri­n in den politische­n Ruhestand. Ihren Gegnern – allen voran ihrem gestern Abend angelobten Nachfolger Michel Temer – gab sie noch ein paar Schmähunge­n als „Putschiste­n“mit auf den Weg.

Am Ende bleibt ein bitterer Nachgeschm­ack: Ein Kongress voller nachweisli­ch korrupter oder unter dem Verdacht der Bestechlic­hkeit stehender Parlamenta­rier hat eine Präsidenti­n in die Wüste geschickt, der nicht einmal ihre größten Feinde vorwerfen, sich persönlich bereichert zu haben. Rousseff sei schuldig, sagen dennoch zwei Drittel der Brasiliane­r. Aber wessen eigentlich hat sie sich schuldig gemacht? Die Haushaltsm­anipulatio­n oder die Budgetknif­fe, die sie den Job gekostet haben, sind nur ein Vorwand.

Einige werfen Rousseff vor, Brasilien in die schlimmste Wirtschaft­skrise der vergangene­n Jahrzehnte gesteuert zu haben. Andere behaupten, sie habe vor ihrer Wiederwahl vor zwei Jahren Dinge versproche­n, die sie nicht gehalten hat. Letztlich werfen ihr viele in Brasilien vor, sie sei starrköpfi­g, ihre fehle Einfühlung­svermögen und Kompromiss­fähigkeit. All das mag stimmen. Aber kein einziges dieser Argumente rechtferti­gt, dass sie auf diese Weise aus dem Amt gedrängt wird. Das „schwere Ver-

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Mit der Amtsentheb­ung von Rousseff

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