Besonderen Projekts
durch den Senat in Brasília endet ein neuer Stil in der brasilianischen Politik, den ihr Vorgänger Lula da Silva begann
brechen“, das ihr laut Verfassung nachgewiesen werden muss, hat sie nicht begangen. So absurd sei das brasilianische Politsystem bisweilen, sagt der Politologe Rudá Ricci. Er nennt das Impeachment dann auch den letzten Akt einer Politik-Operette.
Einer einer Ära
Denn mit der Absetzung Rousseffs endet nicht nur eine Ära, sondern es endet auch ein Projekt. Seit 2003 regierte die PT. Es waren Jahre einer Politik, wie man sie in Brasilien zuvor kaum kannte. Eine Politik, die darauf abgezielt hatte, die Armen und sozial Schwachen in den Vordergrund zu stellen und ihre Lebenssituation nachhaltig zu verbessern. Und das besonders Brasilianische daran war, dass neben dieser linksliberalen Sozialpolitik auch die Stabilitätspolitik nicht aus dem Auge verloren wurde. Rousseffs Vorgänger Luiz Inácio Lula da Silva und später Rousseff selbst wurden im In- und Ausland dafür gefeiert, dass sie Marktwirtschaft mit sozialem Ausgleich vereinbarten. Banker waren ebenso zufrieden wie die Millionen Menschen in den Favelas und auf dem verarmten Land, die dank der Sozialprogramme zur Mittelklasse aufschlossen.
Aber als die Zeiten schlechter wurden, wusste Rousseff nicht, wie sie damit umgehen sollte. Sie blieb ohne Antwort auf die Wirtschaftskrise und die sozialen Proteste, die 2013 begannen. Das ist ihr eigentliches Versäumnis. Das
fünftgrößte Land der Erde taumelte in die Krise und die Regierung schaute tatenlos zu, weil sie in den Strudel eines Korruptionsskandals um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras geriet.
Das Ende der „Operette“gibt den Blick frei auf das, was nun nach Monaten politischer Lähmung kommen muss. Brasilien wird mindestens bis Ende 2018 von den alten Eliten regiert werden. Weiß, konservativ, männlich. So war es vor 2003, so ist es jetzt wieder. Temer, der übrigens nie eine Wahl gewann, hat ein Kabinett der grau melierten Technokraten gebildet, die in den verbleibenden gut zwei Jahren versuchen werden, Brasiliens Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen, das Loch von umgerechnet 30 Milliarden Euro im Haushalt über Kürzungen zu stopfen. Das Bruttoinlandsprodukt brach vergangenes Jahr um 3,8 Prozent ein. Elf Millionen Brasilianer haben keinen Job. Da fragt kaum jemand danach, ob auch jemand an die Armutsbekämpfung gedacht hat.