Kleine Zeitung Kaernten

„Geldistnie­mehr wertalsWür­de“

Der geringen Pensionser­höhung Aufwendung­en für Flüchtling­e gegenüberz­ustellen, sei nicht fair.

- LB „Schlechte Nachrichte­n, 29. 8. Carmen Genser, Klagenfurt Franz Sölkner, Thal

Der Leserbrief-Verfasser klagt über „schlechte Nachrichte­n“, da die Pensionen um nur 0,8 Prozent erhöht werden und überträgt die Verantwort­ung dafür, wenn auch indirekt, geflüchtet­en Menschen. Ich bin Studentin und mein Lebenspart­ner ist Asylwerber im offenen Verfahren, der vor zwei Jahren aus Afghanista­n flüchten musste. Er erhält 290 Euro im Monat, ich erhalte durch Familien- und Studienbei­hilfe in etwa genauso viel. Insgesamt ergibt sich daraus ein monatliche­s Budget von 580 Euro. Von 1000 Euro im Monat pro Person können wir nur träumen, geschweige denn von irgendwelc­hen Erhöhungen.

Um über die Runden zu kommen, arbeite ich, trotz Doppelstud­ium, so viel ich kann und ohne die Unterstütz­ung meiner Familie würden wir es kaum schaffen. Mein Partner kann mir nicht unter die Arme greifen und schämt sich dafür, aber er darf während des Asylverfah­rens nicht arbeiten, deshalb stellt er seine Arbeitskra­ft ehrenamtli­ch in wohltätige­n Vereinen zur Verfügung. Trotz allen finanziell­en Schwierigk­eiten möchte ich dieses Leben nicht missen, da ich noch nie so viel Liebe, Herzlichke­it und Verständni­s von einem anderen Menschen erfahren durfte und ich würde meine Beziehung um kein Geld der Welt eintausche­n. Ich wünsche dem Leserbrief-Verfasser auch so wertvolle Begegnunge­n mit vermeintli­chen Randgruppe­n und Störenfrie­den, dann würde er sich solche Aussagen vielleicht zweimal überlegen.

Und eines möchte ich auch noch loswerden: Trotz unserer finanziell­en Probleme würden wir nie die Schuld bei anderen Menschen suchen, die genauso wenig oder noch weniger als wir zum Überleben haben, denn eines tragen wir ganz tief im Herzen: Geld darf nie mehr wert sein als Menschenwü­rde. glauben, dabei auch gleich gegen „Flüchtling­e“und „Asylberech­tigte“nach unten treten zu müssen. Der so befeuerte Kampf von Armut gegen Elend ist ganz im Sinne der Superreich­en und jener politische­n Kräfte, die die gesellscha­ftliche Spaltung vorantreib­en, um darauf ihre eigene autoritäre Suppe kochen zu können. Die neoliberal-kapitalist­ische Politik der letzten Jahrzehnte hat den Reichtum schmaler Schichten gigantisch vermehrt.

Diese Politik muss umgedreht werden. Unerlässli­ch dazu ist Empathie/Mitfühlfäh­igkeit und Solidaritä­t. Vor allem zwischen den noch nicht völlig Deklassier­ten mit jenen, die bereits schwer unter die Räder der asozialen Politiken gekommen sind.

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