Ab heute wird es richtig ernst im US-Wahlkampf
Das TV-Duell wird zeigen, ob Trump eine Chance hat.
Frau gegen Mann, Politik gegen Provokation, Lösungsvorschläge gegen Lügen: Wenn heute die erste TV-Debatte zwischen Hillary Clinton und Donald Trump übertragen wird, dann wird es wirklich ernst im Wahlkampf um die Nachfolge von US-Präsident Barack Obama. Das Fernsehduell wird ersten Aufschluss darüber geben, ob das bislang Undenkbare tatsächlich Realität werden kann. Wenn Trump, der radikale Populist, den Schlagabtausch gegen Clinton gewinnt, könnte er nicht mehr aufzuhalten sein. Hoffentlich kommt es anders.
Die Leitartikler der „New York Times“haben pünktlich zum TV-Duell ihre Landsleute aufgerufen, Clinton zu wählen. Die ehemalige Außenministerin habe Erfahrung und pragmatische Ideen. Der Bauunternehmer Trump verrate nichts über sich selbst und verspreche den Leuten nur das Blaue vom Himmel herunter. Die Zeitung hat sicherlich recht, wenn sie die Kandidaten so qualifiziert.
Noch nie zuvor in der Geschichte der US-Präsidentschaftswahlen ist ein derart untauglicher Bewerber so weit gekommen. Trump ist ein Schaumschläger. Er sagt, was seine Anhänger hören wollen. Ob er selbst daran glaubt, ist zweitrangig. Trump ist wie ein Gebrauchtwagenhändler, dessen einziges Ziel es ist, die Kunden über den Tisch zu ziehen, ohne dass sie es bemerken.
Es sah lange Zeit danach aus, als könnte Clinton die Wahl mit Leichtigkeit für sich entscheiden. Doch seit sich Trump nicht mehr so sehr danebenbenimmt, ist sein Abstand zur Ehefrau des Ex-Präsidenten Bill Clinton geschrumpft. Das liegt auch daran, dass Hillary Clinton fast genauso unbeliebt ist wie Trump, dass viele Amerikaner das Gefühl haben, sie müssten sich am 8. November für das geringere von zwei Übeln entscheiden. Viele Wähler werden deshalb zu Hause bleiben. Das sind Stimmen, die Clinton am Ende fehlen könnten.
Die ehemalige Außenministerin, Senatorin und First Lady mag das Politikgeschäft in- und auswendig kennen. Das war für einen Wahlsieg in der Vergangenheit unabdingbar. Doch es sind andere Zeiten angebrochen. In diesem Wahlkampf ist politische Erfahrung in der Wahrnehmung vieler Amerikaner zu einem Makel verkommen. Auch hat Clinton kein Charisma. Sie wirkt elitär und abgehoben, so als sei sie Mitglied eines Politikadels, der ein Anrecht auf Sonderbehandlung und Posten hat. Man kann es jenen Amerikanern nicht verdenken, die sich davon nicht angezogen fühlen. Nur dass sie deswegen dem Blender Donald Trump aufsitzen, das ist und bleibt unverständlich.