Der reichste Mann Österreichs
Der Name Sigmund Bosel ist heute nahezu vergessen. Dabei ist das Leben dieses schillernden Selfmade-Millionärs ein abenteuerliches und obszönes Stück österreichischer Wirtschaftsgeschichte. Der junge Textilkaufmann stieg nach 1918 als Wiener „Inflationskönig“zum Bankier, Industriellen, Nachtklubbesitzer und reichsten Mann des Landes auf. Er nützte Nachkriegswirren und Hyperinflation und spann ein feines Netz politischer und gesellschaftlicher Kontakte.
So sehr Bosel um soziale Anerkennung bemüht war, so zwielichtig blieb sein Charakter. Zwar wird er vielfach als freigie- big und hilfsbereit beschrieben, persönlich soll er sich aus seinem märchenhaften Reichtum nicht viel gemacht haben. Doch der Finanzakrobat verwickelte sich in dubiose Geschäfte und in den Finanzskandal um die staatliche Postsparkasse. Nach einem Betrugsprozess sollte er in Haft, die Machtübernahme der Nazis kam dazwischen. Noch am 11. März 1938 wurde der jüdische Bankier verhaftet, später gefoltert und 1942 in einem Deportationszug erschossen.