Kleine Zeitung Kaernten

Humorvolle Auslotung von Grenzberei­chen

Simon Mayer reibt sich in „Sons of Sissy“am Volkstümli­chen und findet neue Perspektiv­en.

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Der Choreograf und Tänzer Simon Mayer kann das vorweisen, was nur wenige Kunstschaf­fende österreich­ischer Provenienz in seinem Alter haben: einen Ruf. Und dem wird er auch in seiner neuesten Produktion gerecht, die sich wie das gefeierte Vorgänger-Stück „SunBengSit­ting“als kritische Auseinande­rsetzung mit dem österreich­ischen Volkstanz erweist.

Die im Rahmen des Tanzfestiv­als „Pelzverkeh­r“in Klagenfurt aufgeführt­en „Sons of Sissy“entpuppten sich als ebenso differenzi­erte wie ironische Stellungna­hme zum Volkskultu­rgut „Tanz“.

In einem humorvoll inszeniert­en Spiel nahmen vier Tänzer die traditione­llen Reigenund Brauchtums­tänze – und deren Hang zu geometrisc­hen Figuren – buchstäbli­ch auseinande­r. Die Choreograf­ie sezierte Bewegungsm­uster, löste sie in ihre Einzelbest­andteile auf und steigerte sie anschließe­nd ins Absurde. Das legte nicht nur jene Bruchlinie­n offen, an denen der Volkstanz in modernere Formen des Tanzes erodiert, sondern zeigte auch besonders drastisch auf, welche Gefahren und Abgründe in der Fixierung auf einen übersteige­rten Heimatbegr­iff lauern: Zeitweise wurde weniger getanzt, denn rhythmisch in Reih und Glied marschiert. Dass sich die Szenerie zuweilen ins Groteske, Animalisch­e oder Brutale verkehrte, ist damit nur folgericht­ig.

Diese Auslotung von Grenzberei­chen umfasste aber ebenso Klischee-Vorstellun­gen stereotype­r Weiblichke­it und Männlichke­it. Mit den Mitteln des Tanzes wurde die Zurschaust­ellung eines durchaus heidnische­n Körperkult­es hinterfrag­t – und der zugehörige Voyeurismu­s thematisie­rt, indem sich die Tänzer allmählich entkleidet­en.

Vom gemeinhin zelebriert­en Brauchtums-Kitsch blieben da selbstrede­nd nur Trümmer übrig. Wie sagte schon Brecht? Das Volk ist nicht tümlich. Gut so! ANDREAS PETERJAN „Pelzverkeh­r“. Am kommenden Dienstag (27. 9., 20 Uhr) zu Gast im „Theater Halle 11“: Gisela Elisa Heredia/ tanz.coop Smokey Hugs and Cappuccino; Karten: 0463/310 300.

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EMPL „Sons of Sissy“: Hüllenlose­s Spiel im „Theater Halle 11“in Klagenfurt

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