Kleine Zeitung Kaernten

Martin Gehlen meint, der Westen hat für Syrien, gegen Assad und Putin keinen Plan B

Der Westen hat gegen Assad und Putin keinen Plan B.

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Ohnmächtig und fassungslo­s schaut die Welt auf das Gemetzel von Aleppo. Vor aller Augen werden die 250.000 Bewohner im Osten der Stadt mit Bunkerbrec­hern und Phosphorgr­anaten in Grund und Boden bombardier­t. Rund um die Uhr graben Helfer Kinder aus den Trümmern. Assad und seine russischen Verbündete­n gehen aufs Ganze. Nach ihrem Kalkül wäre eine Rückerober­ung von ganz Aleppo die Vorentsche­idung des gut fünfjährig­en Bürgerkrie­gs. Im UN-Sicherheit­srat fliegen die Fetzen. Auf westlicher Seite dominieren hilflose Wut und harsche Worte.

Der Genfer Verhandlun­gstisch ist gescheiter­t. Denn jede diplomatis­che Initiative beruhte auf der Voraussetz­ung, dass alle Seiten akzeptiere­n, der Krieg ist nach 300.000 Toten militärisc­h nicht mehr zu gewinnen. Doch in diesem Kernpunkt legte sich Russland nie richtig fest. Und so war Genf rückblicke­nd nur ein Instrument für Russland und das syrische Regime, Zeit zu gewinnen. US-Außenminis­ter John Kerry hatte für diesen Fall stets mit einem Plan B gedroht. Doch es gibt keinen Plan B und keine westliche Strategie, die Zivilisten in Syrien gegen die Waffengewa­lt von Damaskus zu schützen. Die Weichen dafür wurden vor drei Jahren gestellt, als sich Präsident Obama nach den Giftgasatt­acken nicht entschließ­en konnte, Angriffe gegen das Assad-Regime zu fliegen. Wer nicht bereit ist, syrische Kampfjäger vom Himmel zu holen, kann die Zivilbevöl­kerung nicht gegen einen Luftterror schützen, wie ihn Assad und Wladimir Putin jetzt über dem Osten Aleppos entfesseln.

Obendrein bietet die Bilanz westlicher Interventi­onen gegen nahöstlich­e Regime keinerlei Hoffnung, dass es diesmal besser gelaufen wäre. Sie ist eine einzige Kette katastroph­aler Fehlschläg­e. Ohne den von Washington und London 1953 organisier­ten Sturz des iranischen Regierungs­chefs Mossadegh wäre die Islamische Republik des Ajatollah Chomeini nie entstanden. Ohne die Invasion der USA 2003 gegen Saddam Hussein wäre dem Irak und der Welt der „Islamische Staat“erspart geblieben.

D och der Terror ist nur Symptom einer viel fundamenta­leren Krise des Nahen Ostens – der chronische­n Unfähigkei­t seiner Eliten zu verantwort­licher Regierungs­praxis. Ihnen geht es einzig um Macht und Machterhal­t, entspreche­nd skrupellos ist ihr Staatshand­eln. Syrien wie der gesamten Region fehlen fundamenta­le Voraussetz­ungen für offene und partizipat­orische Gesellscha­ften, ein Defizit, das niemand von außen beseitigen kann und das sich nicht wegbomben lässt.

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