Igor Pucker hat viele offene Baustellen geerbt.
INTERVIEW. Igor Pucker, heute 60 Jahre jung, leitet seit Jahresbeginn das Landesmuseum für Kärnten – eine Herkulesmission mit vielen offenen Baustellen.
Sie sind seit 14 Tagen geschäftsführender Direktor des Landesmuseums für Kärnten. Haben Sie bereits einen Durchblick, was in den kommenden Monaten auf Sie zukommen wird?
IGOR PUCKER: Es hat ja bereits seit Mitte Oktober einen sehr konstruktiven und produktiven Übergangsprozess mit dem scheidenden Direktor Thomas Jerger gegeben. Ich habe jetzt ein klares Aufgabenpaket, das sich einerseits aus dem Rechnungshofbericht ergibt und andererseits aus den strukturellen und baulichen Erfordernissen, die jetzt anstehen.
Welche sind das konkret?
Auf der politischen Ebene ist die Novellierung des Museumsgesetzes und die Erstellung einer neuen Museumsordnung ein wichtiges Thema. Aus dem Rechnungshofbericht ergeben sich letztlich 78 Empfehlungen bezüglich wirtschaftlicher und organisatorischer Belange, von strategischen Zielsetzungen bis hin zum Controlling, gleichfalls Erfordernisse von Personalmanagement und –entwicklung. Wichtig ist unter anderem die Schaffung eines zentralen Aufsichtsorgans, das dem Haus beratend zur Seite stehen soll. Die derzeitige Herausforderung ist die Parallelität zwischen diesen Aufgaben und dem Umbau des Rudolfinums sowie der Entscheidung in Richtung Sammlungsund Wissenschaftszentrum. Es gab ja bereits vor Weihnachten einen entsprechenden Regierungsbeschluss.
Stimmt es, dass dieses Sammlungszentrum bei der einstigen Carinthia-Druckerei am Klagenfurter Südring entstehen soll?
Zum konkreten Standort möchte ich noch nichts sagen. Gesucht wurde ein Areal, welches die Erfordernisse von Büroräumlichkeiten und Werkstätten erfüllt. Für die Sammlungen benötigen wir eine Gesamtfläche von 4500 Quadratmetern und eine entsprechende Schleusensituation für die Anlieferung von Objekten.
Wie hoch ist der Budgetrahmen für Ankauf und Adaptierung?
Knapp über sieben Millionen Euro. Es hat ja zuvor eine Evaluierung von rund zehn Projekten gegeben, die mehr oder weniger geeignet waren.
Wann wird das neue Depot bezugsfertig sein?
Gegen Jahresende. Der Zeitplan ergibt sich aber aus der Planung und Prüfung durch den Landesrechnungshof.
Wie steht es um die Vorarbeiten für den Umbau des Rudolfinums?
Der Vorentwurf der Architekten Winkler+Ruck ist fast fertig. Der nächste Schritt wird die Konzeption sein, also dass wir die Erzählungen für das Rudolfinum auf den Punkt bringen. Das soll bis Herbst erfolgen. Die Frage ist ja: Was stellen wir aus und wie stellen wir aus?
Um welche Erzählungen wird es gehen?
Das Besondere am Rudolfinum ist, dass es ein Mehrspartenmuseum sind. Andere Bundesländern haben ja eigene Naturmuseen. Wir haben eine Mischung aus Natur, Archäologie, Kultur- und Zeitgeschichte. Die Herausforderungen an die Wissenschaft und Kustoden wird sein, dass der Besucher das Haus autonom und selbstbewusst erschließen kann.
Worin bestehen die architektonischen
Herausforderungen?
Die Architektur des Rudolfinums ist wirklich etwas Besonderes. Gustav Guggitz hat es ja palazzoartig angelegt, mit einem inneren und äußeren Ring. Roland Winkler hat gesagt, man muss des Haus schütteln, bis alles, was nicht niet- und nagelfest ist, herunterfällt. Trotz der späteren Einbauten hat der Guggitz-Bau seine Wertanmutung behalten. Mit dem Aufräumen und den Interventionen wird der Bau noch einmal seinen Wert beweisen. Für mich ist das Rudolfinum wie der Palazzo Grassi. Wir haben zwar nicht den Canale Grande davor, aber zumindest einen Grundwassersee unter uns. Äußerlich kann man das Haus nicht verändern. Aber das Innere wird mit seiner neuen Transparenz eine Überraschung werden. Angedacht ist, dass der zweite Stock als beständiger Museumsteil genutzt wird und der erste Stock für temporäre Projekte.
Wie sieht es mit dem Lapidarium und Bibliothek aus?
Die Bibliothek bleibt im Haus, selbstverständlich auch die wissenschaftlichen Vereine. Für das Lapidarium gibt es den Vorschlag von Jerger, in den Keller zu gehen. Dies ist noch zu evaluieren.
Als das Rudolfinum erbaut wurde, waren Museen vor allem Schauplätze der bürgerlichen Selbstvergewisserung. Was ist das Landesmuseum für Sie?
Joseph Beuys hat gesagt: „Ein Museum ist ein Ort der permanenten Konferenz“. Das hat mir immer gut gefallen. Und Hans Wolfgang Hoffmann hat ein neues Buch über internationale Museen geschrieben, mit einem Kapitel „Von der Schatzkammer zum public forum“. Das ist auch mein Weg. Die Schatzkammer St. Paul war auch mein Anfang und der Guggitz-Bau könnte so ein public forum werden, wo man in
Klagenfurt einen hoch aufgeladenen Wirkungsort schaffen könnte. Das Landesarchiv bezeichnet man gerne als „Gedächtnis des Landes“, das Landesmuseum verstehe ich in diesem Sinne als „Antlitz oder Sprache des Landes“.
Gibt es ein österreichisches Museum, das dafür als Vorbild dienen könnte?
Von der Experimentierfreudigkeit der Vermittlung ist es das Vorarlberg Museum. Das ist schon sehr gut aufgestellt.
Das Museum in Bregenz hat bei 60 Mitarbeitern ein Budget von rund 4,2 Millionen Euro. Wie sieht das beim Landesmuseum für Kärnten aus?
Wir haben 12 Kustodiate bzw. Abteilungen mit insgesamt 55 Mitarbeitern und mehrere Außenstellen wie das Botanikzentrum, die Archäologieparks Magdalensberg und Teurnia, das Freilichtmuseum in Maria Saal, den von uns betreuten Wappensaal etc. Das Vorarlberg Museum hat das alles nicht. Deshalb sind die Zahlen nicht vergleichbar. Unser Budget beträgt rund 4,5 Millionen Euro. Wir müssen auf jeden Fall sehr kostenbewusst und kreativ sein.
Gab es zuletzt Sparvorgaben seitens der Politik?
Es gab in den letzten Jahren Einschnitte, aber von 2016 auf 2017 sind keine größeren Veränderungen absehbar.
Wird es heuer im Rudolfinum noch Ausstellungen geben?
Die Wallack-Ausstellung bleibt bis Ende April. Auch „Ex libris“wollen wir bis dahin verlängern. Und dann wird geschlossen. Dann sind alle gefordert. Bespielt werden aber weiterhin die Außenstellen. Es gibt zum Beispiel Überlegung für weitere Theateraufführungen im Amphitheater in Virunum.
Wann wird das Rudolfinum wieder geöffnet sein?
Baubeginn ist im Jahr 2018, die Eröffnung ist für das Frühjahr 2020 geplant.
Sie leiten seit 2009 das Lavanthaus in Wolfsberg. Geht sich das neben Ihrer jetzigen Tätigkeit noch aus?
Das ist eine ehrenamtliche Tätigkeit aus Heimatliebe zu meiner Geburtsstadt. Wir bereiten aktuell eine Ausstellung zum Thema Bergbau vor. Vor 50 Jahren hat ja der Prozess begonnen, dass der Bergbau in St. Stefan-Wolkersdorf geschlossen worden ist und über 2000 Leute ihren Job verloren haben. Das wird heuer die Sonderausstellung sein. Da helfe ich noch mit.
Wann rechnen Sie mit einer Ausschreibung Ihres Jobs?
Sobald der Prozess der Novellierung inklusive Museumsund Haushaltsordnung abgeschlossen ist. Dann gehe ich davon aus, dass es eine Ausschreibung gibt.
Wann wird das voraussichtlich sein?
Das ist eine Entscheidung des Kulturreferenten.