Ingo Hasewend über die Europa-Tour des US-Vizepräsidenten Pence.
Nach der Eröffnungstournee der US-Regierung bleibt eines hängen: Mit Rhetorik, Pathos und Selbstbewusstsein können die Europäer in Washington etwas erreichen.
Selten hatte man in Europa der Eröffnungstournee einer neuen US-Administration gespannter entgegengeblickt als jener der vergangenen fünf Tage. Was will US-Präsident Donald Trump? Wohin geht die außenpolitische Reise? Bleibt er den alten Verbündeten treu oder sucht er neue? So richtig schlau sind sich die Gesprächspartner nach dem Abflug von Vizepräsident Mike Pence, Verteidigungsminister James Mattis und Außenminister Rex Tillerson noch immer nicht. Doch sie hinterließen den Eindruck, es wird nichts so heiß gegessen, wie es auf Trumps Twitteraccount gekocht wird.
Erst kam Verteidigungsminister Mattis zur Nato nach Brüssel und versicherte, dass man sich zum transatlantischen Militärbündnis bekenne. Seine Ministerkollegen hatten da noch Trump im Ohr, der die Verteidigungsgemeinschaft für „obsolet“erklärte. Der Ex-Vier-Sterne-General, der selbst eines der zwei strategischen NatoHauptquartiere befehligte, unterstrich nur, dass man die Kosten stärker auf den Schultern aller Partner verteilen müsse.
Gleichsam nahm auch Vize- präsident Pence bei der Münchner Sicherheitskonferenz sowie bei EU und Nato in Brüssel den Spitzen einige Sorgen. Die USA würden selbstverständlich weiterhin an der Seite Europas stehen. Auch hier klang der EUSeite in den Ohren, dass der Präsident nach seinem Amtsantritt den Brexit als „großartige Sache“gelobt und die Erwartung geäußert hatte, dass weitere Mitgliedsstaaten die Union verlassen werden. Schließlich sei die EU ohnehin mit dem Ziel gegründet worden, den USA im Welthandel Konkurrenz zu machen und nur ein Mittel zum Zweck für Deutschland zu sein. Nun also betonte Pence, man baue auf dieselben Werte. Man sei „getrennt durch einen Ozean, aber wir sind verbunden durch ein gemeinsames Erbe und gemeinsames Engagement für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“.
Einzig Rex Tillerson saß beim G20-Außenministertreffen in Bonn weitgehend wortkarg und beobachtend am Tisch, pochte in wortreichen Momenten auf amerikanische Werte und Interessen. Das klang schon eher nach Trumps „America First“. Wie lautet also die Bilanz dieser ersten Vorstellungsrunde? Man versichert gegenseitig mehr Sicherheit. Dies wird aber nur eintreten, wenn etwa Deutschland in der Nato höhere Verteidigungsanstrengungen zusagt und einhält. Es war freilich mehr als ein Höflichkeitsbesuch. Dennoch bleibt vieles unbeantwortet und der Kurs unklar. Aber eines zeigt sich deutlich: Es bringt etwas, wenn auf der hiesigen Seite des Atlantiks mit Selbstbewusstsein und Pathos klare und unmissverständliche Botschaften an die USA gerichtet werden. Das hat die Rede der deutschen Verteidigungsministerin Ursula van der Leyen in München ebenso gezeigt wie die Ansprache des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk an Pence in Brüssel. Es sah so aus, als sei etwas beim Empfänger angekommen. Man kann nur hoffen, dass Trump dies auch im Weißen Haus versteht.