Liste der 1873 Gegengeschäfte
Hätten österreichische Unternehmen die Aufträge für rund 3,5 Milliarden Euro ohne den Deal auch erhalten?
Die Herrschaften aus Deutschland ließen sich nicht bitten. 30 Manager der Eurofighter Jagdflugzeuge GmbH und des EADS-Konzerns zeigten den Abgeordneten beim ersten Eurofighter-U-Ausschuss 2006/07 in Österreich die kalte Schulter – als Ausländer legitim. Kaum anzunehmen, dass einem neuen U-Ausschuss größere Auskunftsfreudigkeit entgegengebracht werden würde. Dabei könnten die Aussagen insbesondere auch die Frage erhellen: Waren Gegengeschäfte zum Teil nur Schein? Hätten österreichische Unternehmen gemeldete Aufträge um rund 3,5 Milliarden Euro auch ohne Eurofighter-Deal erhalten?
Von Böhler Edelstahl und dem Flugzeugteilehersteller FACC über AT&S und Siemens AG Österreich bis zu Magna Steyr reicht die endlose Liste von insgesamt 1873 Aufträgen, die österreichische Unternehmen in eine 28 Seiten lange Liste bis 2012 beim Wirtschaftsministerium eintrugen. Geht es etwa bei FACC für Flugzeugteile, welche EADS-Konzernunternehmen abnahmen, um dreistellige Millionenbeträge, so meldeten auch öffentliche Institutionen kleine Aufträge an: Die Technische Universität Graz profitierte etwa mit mehreren Technologieprojekten zu jeweils einigen Hunderttausend Euro für MTU Aero Engines.
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner setzte als Wirtschaftsminister 2012 eine Taskforce ein, welche die Kompensationsgeschäfte prüfte. Ein Abschlussbericht ist nicht öffentlich, da die Staatsanwaltschaft Einsicht nahm. Vereinbart war mit Eurofighter ein Volumen von 3,5 Milliarden Euro. Für die Zeit 2003 bis 2010 wurden 3,3 Milliarden Euro an Gegengeschäften von 280 Firmen anerkannt, angemeldet waren Aufträge für 4,1 Milliarden von 320 Firmen bis ins Jahr 2011. Das größte Gegengeschäft laut Liste reichte der Lkw-Hersteller MAN ein: Lkw für 123,4 Millionen Euro, bestellt vom britischen Verteidigungsministerium.
Die Zweifel am Kompensationsvertrag der Republik mit EADS befeuerte Magna-Chef Frank Stronach. Magna hätte vom Eurofighter-Kauf nicht profitiert, die Regierung hätte bloß bestehende Aufträge als Gegengeschäfte gezählt. Die von Magna genannten 57 Geschäfte von insgesamt 348 Millionen Euro seien jedoch von Magna-Firmenvertretern gezeichnet gewesen, sagte Mitterlehner 2012. Magna Steyr ist in der Liste zum Beispiel mit 8,97 Millionen Euro für den Prototypenbau eines neuen MaseratiModells für Ferrari angeführt, oder mit 46,7 Millionen Euro für Entwicklung und Prototypenbau für die Smart GmbH.
Nicht in der Liste ist eine von EADS 2006 mit vier Millionen Euro befüllte Stiftung, mit welcher der Bau des TechnologieVorzeigeprojekts Lakesidepark in Klagenfurt finanziert wurde und wird. Die EADS-Millionen für die Stiftung kamen erst 2008 ans Licht, wenige Tage vor dem Unfalltod des damaligen Landeshauptmannes Jörg Haider. Der EADS-Manager Klaus-Dieter Bergner verteidigte 2008 die Gegengeschäfte im Kleine-Zeitung-Interview: „In Österreich gab es noch nie so ein Superprojekt.“Das war es jedenfalls für die Vector Aerospace, an die 114 Millionen nach London flossen, wozu die Staatsanwaltschaft ermittelt.