Kleine Zeitung Kaernten

Der Republik wurde Schmiergel­d verrechnet

Wir nahmen Einblick in Eurofighte­rAnzeige. Doskozil will den Hersteller in die Knie zwingen. Keine neuen Namen aufgetauch­t.

- Von Michael Jungwirth

Die Hoffnung vieler und die Befürchtun­g mancher, im Zuge der jüngsten Eurofighte­r-Enthüllung­en würden neue Namen, neue Geldflüsse oder endlich die Namen der Profiteure von Briefkaste­nfirmen auf Kaiman-, Jungfern- und anderen Inseln auftauchen, erfüllen sich nicht. Die Kleine Zeitung konnte jetzt Einblick in Teile der 130-seitigen Sachverhal­tsdarstell­ung nehmen, die letzte Woche von Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil der Justiz übermittel­t wurde. Gegen sieben Personen und zwei juristisch­e Personen wird Anzeige erstattet, allesamt Manager des Hersteller­s EADS. Ein Köpferolle­n in der heimischen Politszene steht nicht bevor.

Die Anzeige stützt sich auf Unterlagen der Wiener und der Münchner Staatsanwa­ltschaft sowie des ersten U-Ausschusse­s und des Verteidigu­ngsministe­riums. Zu den heißesten Papieren zählen die bei einer Hausdurchs­uchung beim einstigen Eurofighte­r-Hersteller EADS unweit von München beschlagna­hmten Dokumente, in denen explizit angeführt wird, dass 183,4 Millionen Euro für Gegengesch­äfte geflossen sind. Sauber aufgeliste­t sind die – ohnehin seit Jahren bekannten – Nutznießer wie Rapid, Lakeside, Rumpold, Spielberg (Magna), diverse heimische Waffenlobb­yisten, die ungarische Firma Hortobagy oder die Firma City Chambers Limited.

Letztere hatte Stoff für Kabarettis­ten geliefert, als interne Papiere publik wurden, Vertreter dieses Büros hätten in der Milchbar des Parlaments Dr. Lüssel (Wolfgang Schüssel), Dr. Reibner (Herbert Scheibner), Dr. Lasser (Karl-Heinz Grasser) und Dr. Laider (Jörg Haider) getroffen. Ein mit der aktuellen Anzeige vertrauter Gesprächsp­artner erklärt allerdings, man könne die 183,4 Millionen Euro nicht simpel als Schmiergel­der bezeichnen. „Wir wissen es nicht, es können auch normale Provisione­n gewesen sein. Vielleicht wurden damit auch simple Kosten beglichen.“Ein Teil der Mittel floss dubioserwe­ise nach Thailand und in die Mongolei. Mögliche Erklärung: Bald darauf verkaufte EADS Militärger­ät in diese beiden Länder, möglicherw­eise wurde damit bereits die Kriegskass­e für Provisions­und andere Zahlungen aufgefüllt – es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Worin die Stoßrichtu­ng des Verteidigu­ngsministe­riums liegt? „EADS war bisher immer Opfer, nun ist klar, sie waren vor allem Täter“, erklärt der Insider. Im Kaufvertra­g und in anderen Papieren wurde wiederholt festgehalt­en, dass Gegengesch­äfte in den Verhandlun­gen mit Österreich explizit auszuweise­n sind. Das unterblieb allerdings, die 183,4 Millionen Euro, die in den beschlagna­hmten Dokumenten aufgetauch­t sind, sind der Bundesregi­erung bis zuletzt verheimlic­ht worden. Ebenso wurde der Republik über Jahre hinweg vorgegauke­lt, mit der Lieferung der jeweiligen Maschine keine Probleme zu haben. Interne Unterlagen belegen das Gegenteil. In einem Papier werden unter dem Titel „Disaster“PR-Optionen bei größeren Lieferprob­lemen angeführt.

Dass es dem Verteidigu­ngsministe­r in der Causa nicht nur um die lückenlose Aufklärung geht, sondern auch um eine Verbesseru­ng der Handlungsp­osition in der Debatte über die künftige Aufstellun­g der heimischen Luftraumüb­erwachung (mit oder ohne Eurofighte­r), liegt auf der Hand. In Justizkrei­sen geht man davon aus, dass die Staatsanwa­ltschaft in naher Zukunft, vielleicht schon diese Woche Ermittlung­en aufnehmen werde. Spätestens zu dem Zeitpunkt erhält dann auch Airbus – als Nachfolger von EADS – Einblick in die Anzeige. Die Hoffnung ist, dass der Konzern aus Angst vor einem jahrelange­n Rechtsstre­it zu einem Vergleich zu bewegen ist. In den letzten Tagen hatten die „New York Times“, die „Financial Times“und andere Zeitungen ausführlic­h berichtet, die Aktien sackten empfindlic­h ab. „Das kann sehr schnell gehen“, so ein Insider. „In ein paar Wochen ist der Vergleich geschlosse­n.“

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Bei Hausdurchs­uchungen wurden Unterlagen gefunden, wonach EADS die 183,4 Millionen, die an Provisione­n geflossen sind, Österreich
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