Kleine Zeitung Kaernten

Familienbe­ihilfe: ÖVP legt Entwurf vor

Außenminis­ter Kurz rechnet mit „rascher“Zustimmung der SPÖ, die zeigt sich jedoch ablehnend. Europarech­tler äußern Bedenken.

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Nun soll es ernst werden mit dem von Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP) geforderte­n Alleingang Österreich­s in Sachen Familienbe­ihilfe. Kurz ließ dem Koalitions­partner SPÖ einen eine Seite langen Gesetzesen­twurf zukommen, der der Kleinen Zeitung vorliegt und der eine Kürzung der Familienbe­ihilfe für im ärmeren EU-Ausland lebende Kinder ermögliche­n soll.

Darin ist festgehalt­en, dass die Beihilfe für diese Kinder „auf Basis der vom Statistisc­hen Amt der Europäisch­en Union veröffentl­ichten vergleiche­nden Preisnivea­us“für alle Mitgliedss­taaten bestimmt werden soll. Das heißt, dass die Beihilfe an die Lebenserha­ltungskost­en im jeweiligen Land angepasst werden sollen.

Die EU hatte sich im Dezember gegen eine Anpassung der Beihilfe ausgesproc­hen, nun fordert Kurz den Alleingang. „Wir erwarten die Zustimmung der SPÖ rasch, damit das Gesetz noch vor dem Sommer beschlosse­n wird.“Ob dieser Zeitplan hält, ist fraglich. Eine erste Reaktion aus der SPÖ fällt ablehnend aus. Man habe bereits gezeigt, dass man offen für eine Kürzung sei. Aber man habe sich mehr Details über Ausführung und Machbarkei­t erwartet.

Dass die Beihilfe gekürzt werden soll, wird mit hohen Zahlungen begründet, die so jährlich ins Ausland fließen. Laut Familienmi­nisterium wurden im Vorjahr 249 Millionen für 122.000 Kinder ausgezahlt. Der Großteil ging an in Österreich berufstäti­ge Eltern mit Kindern in Ungarn. Hier wurden 64,9 Millionen ausgezahlt. In die Slowakei flossen 59,7 Millionen, nach Polen 37,3 Millionen. Hierzuland­e wird die Beihilfe nach dem Alter der Kinder gestaffelt und beträgt monatlich zwischen 112 Euro ab der Geburt und 162 Euro ab 19 Jahren. In Ungarn werden lediglich 39 Euro pro Monat und Kind ausgezahlt.

Dass ein österreich­ischer Alleingang rechtlich möglich ist, sieht die ÖVP durch das Gutachten des Europarech­tlers Wolfgang Mazal bestätigt. Dieser sieht Chancen, auch, wenn es zu einer Klage vor dem EU-Gerichtsho­f kommen werde. Zahlreiche seiner Kollegen sehen das anders. Hans-Peter Folz, der Leiter des Instituts für Europarech­t an der Universitä­t Graz, schätzt die Erfolgscha­ncen gering ein. „Die EU hat damals Großbritan­nien eine solche Lösung in Aussicht gestellt, wenn die Briten gegen einen Austritt stimmen“, erklärt der Jurist. „Wäre es dazu gekommen, hätte auch Österreich gute Chancen auf eine Änderung.“Da die Kommission eine Anpassung bereits abgelehnt hat, sei unklar, wie ein solches Vorgehen dennoch möglich ist. Folz: „Das ist ein Himmelfahr­tskommando.“Christina Traar

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APA Minister Kurz zeigt sich zuversicht­lich

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