„E-Autos werden 2025 so viel wie ein Diesel kosten“
INTERVIEW. VW-Chef Herbert Diess über den SUV-Boom, die Elektromobilität und darüber, warum sich die Autoindustrie verändern muss.
VW hat eine sehr ambitionierte Umstrukturierung bis 2020 angekündigt. Wie geht es voran?
2016 war mit der ganzen zusätzlichen Belastung durch den Dieselskandal ein Prüfstein. In das Thema habe ich sicher 50 Prozent meiner Zeit investiert und trotzdem haben wir mit Umstrukturierungen, einer Regionalisierung für die wichtigsten Märkte und der Elektrostrategie I.D. einige Weichen gestellt. Ich bin selbst positiv überrascht von der Geschwindigkeit, die wir hingelegt haben. Es ist nicht, dass wir schon aus der Krise wären, aber wir sind auf einem guten Weg dahin.
Das Projekt I.D. ist ein Jahr alt und schon haben wir zwei Konzeptfahrzeuge gesehen. Ist der positive Effekt aus der Krise, dass man schneller wird?
Das hat viel mit den Veränderungen bei den handelnden Personen zu tun. Matthias Müller führt das Unternehmen anders als sein Vorgänger, da ist mehr Offenheit da. Und die Hälfte des Vorstands ist neu,
das führt zu neuen Impulsen und Umdenken. Das hat dem Unternehmen an der Stelle nicht geschadet.
Müssen die Entwicklungszyklen in einer immer schnelllebigeren Welt nicht ohnehin kürzer werden?
Der Verbrennungsmotor braucht eine sehr intensive Erprobung. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass solange man einen Verbrenner konstruktiv in der Elektro-Plattform mitschleppt, haben wir keine Chance gegen die neuen Mitbewerber. Man darf auch nicht vergessen, wir sind heute gewohnt, dass unsere Smartphones regelmäßig Softwareupdates bekommen. TeslaKunden finden es toll, dass sich ihr Auto durch Updates über die Zeit verändert. Auch so bekommt man mehr Geschwindigkeit in die Entwicklung.
einnehmen. Wo sehen Sie die größten Hürden?
Das Auto muss dem Kunden eine echte Alternative bieten. Solange wir mit den kurzen Reichweiten und den hohen Preisen unterwegs sind, ist es schwierig. Aber wir glauben, dass wir ab 2020 bis 2025 Elektroautos anbieten können, mit denen man 600 Kilometer Reichweite schafft, zum Preis von einem gut ausgestatteten Diesel. Dann bekommt der Kunde ein Paket, das viel mehr in Erwägung ziehen werden.
Diesel werden wegen der aufwendigen Abgasnachbehandlung bis dahin aber auch mehr kosten ...
Der Diesel wird sauberer und dadurch teurer. Für viele Fahrzeuge wie SUV wird er immer noch erste Wahl sein, weil er einfach sparsam ist und die Kunden das Drehmoment lieben. Damit wird er wahrscheinlich in den kleineren Klassen durch Benziner abgelöst werden.
Zur Produktoffensive gehört eine Verdopplung des SUV-Angebots bis 2020. Was kommt?
Mit dem Tiguan sind wir sehr stark aufgestellt und haben 2016 sogar 20 Prozent mehr produziert, als wir geplant hatten. Und dann kommt zum Jahresende ja auch noch der neue Touareg, der unser neues Flaggschiff wird. Unter dem Tiguan haben wir noch Lücken, da bringen wir ein SUV im Golf-Format, das Mitte des Jahres anläuft, und in der PoloKlasse wird sich nächstes Jahr etwas tun. Dazu kommen dann auch noch Derivate mit unterschiedlichen Längen, in Coupéform oder als Pick-up.
Könnte die Marke nicht gerade jetzt emotionalere Autos wie einen Bulli brauchen?
Da warten wir ganz bewusst auf die elektrische Welt, weil die bei den Proportionen neue Möglichkeiten bietet. Ein Bulli war da immer schwierig, weil man Heckmotor-Optik auf eine Frontmotor-Plattform packen müsste. Elektrisch geht das dann sehr viel leichter.