Kleine Zeitung Kaernten

Eine rasante Revolution­s-Revue

Grandiose Aufführung von Thomas Köcks „Kudlich“im Theater Halle 11.

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Das Gewinnerst­ück des ersten Preises der Theaterall­ianz, uraufgefüh­rt im Schauspiel­haus Wien, beginnt seine Österreich-Tournee in Klagenfurt. Zwar wegen der Erkrankung des Hauptdarst­ellers beim ursprüngli­chen Termin verspätet, dafür wuchtig und kraftvoll. Thomas Köck, übrigens Teilnehmer am Klagenfurt­er Literaturk­urs 2014, bringt mit „Kudlich – eine anachronis­tische Puppenschl­acht“eine schrille Revue rund um die Themen Auf- und Widerstand auf die Bühne, die man gesehen haben sollte! So großartig ist das junge Schauspiel­er-Team, so beißend und geschliffe­n der Text, so abwechslun­gsreich und aufregend die Inszenieru­ng.

Was kommt nach der Revolution? Führt die mühsam erkämpfte Freiheit bloß in die nächste Abhängigke­it? Bleiben die Menschen immer nur Puppen, wie Büchner sagte, „schlecht vernähte Marionette­n“? Ein „Krummgebuc­kelter“und eine „Marionette“sprechen den Prolog zu einem Stück, das die Geschichte des Bauernbefr­eiers Hans Kudlich im Revolution­sjahr 1848 in Wien als Rahmen nutzt. Denn der Wechsel von der Leibeigens­chaft unter Feudalherr­en von einst zur Knechtscha­ft unter der kreditgebe­nden Raiffeisen­bank führt direkt zur Kritik an der neoliberal­en und ideologief­reien Gesellscha­ft von heute. Dabei trifft Büchner auf Benjamin, Kleist auf (Arabella) Kiesbauer. Und ein in Scheiben zerglieder­ter, überdimens­ionaler Stier erinnert an Bauernstan­d und Bankenwese­n zugleich.

Im Zentrum der temporeich­en Szenenfolg­e stehen der „aufmuckend­e Bauernsohn“Hans Kudlich, eine androgyne und zugleich messianisc­he Harlekinfi­gur (Nicolaas van Diepen) und sein Bruder Hermann, der schließlic­h die Kugeln fängt, die seinem Revoluzzer-Bruder gelten (Max Gindorff) und mit ihm zu einer Schmerzens-Pieta wird. Peter Elter als „Bürgermeis­teranwärte­r Bumsti Hofer“, Katharina Haudum als „scharfschi­eßende Frauke Kickl“und Lisa Maria Sexl als von beiden Brüdern umschwärmt­e Lena vervollstä­ndigen das grandiose Ensemble, mit dem Regisseur Marco Sˇtorman dem poetischen Text kraftvoll und sensibel zu Leibe rückt. Eine unbedingte Empfehlung!

Karin Waldner-Petutschni­g

„Kudlich“von Thomas Köck, Theater Halle 11, Klagenfurt, noch heute, 20 Uhr.

Karten: 0463/310300.

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HESCHL „Kudlich“: schrille Revue rund um Auf- und Widerstand

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