Und was, wenn Wilders doch kommt?
Was ein Sieg des niederländischen Volkstribuns bei der heutigen Parlamentswahl in den Niederlanden für Europa bedeuten würde.
Vor der heutigen Wahl in den Niederlanden geht die Angst um. „Wird Europa den neuen Populismus überstehen?“, fragt das „Time“-Magazin besorgt auf seinem Cover. Das Info-Portal Politico warnt: „Wie Wilders mit Trump die Weltordnung erschüttern will“. Und die „New York Times“poltert: „Provokateur dominiert holländische Wahlen“. Es geht um Rechtspopulist Geert Wilders, sein Abschneiden bei der Wahl in den Niederlanden heute und die Zukunft Europas.
Der „Spiegel“spekulierte schon über den Nexit – Hollands Abschied aus der EU. Unwahrscheinlich, Wilders kommt in Umfragen auf nur 15 Prozent. Womöglich wird er heute nur Zweiter. Er ist ein Scheinriese.
Premier Mark Rutte führte ihn am Montag in der Fernsehdebatte regelrecht vor. Ob er sein Koranverbot mit einer Koranpolizei überprüfen wolle, fragte er Wilders. Das lasse sich nicht umsetzen, gestand der kleinlaut. Rutte grinste in die Kameras. Und er spielt auf europäischem Terrain. „Wir spielen jetzt das Viertelfinale“, so der Premier. „Das Halbfinale wird im Mai in Frankreich gespielt. Das Finale im Herbst in Deutschland.“„Ich spiele ein Finale gegen Lügner“, ätzte Wilders.
Und gegen den Umfragetrend. „Zuletzt schien es, als ob Wilders Freiheitspartei PVV in der Wählergunst sinkt“, sagt Sarah de Lange, Expertin von der Universität Antwerpen. Allerdings ist der niederländische Wähler unberechenbar. „Zwevende Kiezer“– schwebende Wähler – nennen sie das im Land. Zuletzt wurde der Schwebezustand abgelöst durch ein taktisches Motiv. Wer paktiert mit wem nach der Wahl? Und da sieht es nicht gut aus für Geert Wilders.
Der rechte Populismus ist keine Naturgewalt. In Holland ist Wilders isoliert. In Frankreich gibt es eine zweite Wahlrunde, die FNFrontfrau Marine Le Pen allen Prognosen zufolge nicht gewinnen wird. In Deutschland schwächelt die AfD. Offen, ob aus Ernüchterung über Trumps Regierungsstil. Oder weil andere nicht nur mit Empörung auf die neue Rechte reagieren, sondern die Ängste der Leute ernst nehmen. SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz versucht das, indem er Schröders Agenda auszubügeln sucht. Die Sozialpolitik als Verteilungspolitik ist zurück. Gewonnen ist damit wenig. Denn das sozioökonomische Motiv des Globalisierungsgeschädigten verliert bei den rechten Wahlmotiven an Bedeutung. „Heute spielt der kulturelle Aspekt eine viel größere Rolle“, so Sarah de Lange. Geert Wilders hat das früh entdeckt und den Antisemitismus der alten Rechten durch Antiislamismus ersetzt.
Und überhaupt: Wenn viele jetzt die Regierungsrechte fürchten, führt das in die Irre. In Tschechien, Finnland, Ungarn regiert die neue, radikale Rechte längst in der EU. Und die Wählerschaft ändert sich. Die Jugend wählt rechts. Im Vorjahr hat Feps, ein Zusammenschluss von Forschungsverbände, eine Studie vorgelegt. Die Forscher befragten in elf europäischen Staaten mehr als zehntausend Jugendliche. Demnach stellen rechte Parteien in Frankreich, Ungarn und Österreich unter den 15- bis 34-Jährigen die stärkste Kraft. Auch Wilders stützt sich auf Jungwähler. Die Auseinandersetzung hat erst begonnen.