Kleine Zeitung Kaernten

Und was, wenn Wilders doch kommt?

Was ein Sieg des niederländ­ischen Volkstribu­ns bei der heutigen Parlaments­wahl in den Niederland­en für Europa bedeuten würde.

- Von Peter Riesbeck, Brüssel

Vor der heutigen Wahl in den Niederland­en geht die Angst um. „Wird Europa den neuen Populismus überstehen?“, fragt das „Time“-Magazin besorgt auf seinem Cover. Das Info-Portal Politico warnt: „Wie Wilders mit Trump die Weltordnun­g erschütter­n will“. Und die „New York Times“poltert: „Provokateu­r dominiert holländisc­he Wahlen“. Es geht um Rechtspopu­list Geert Wilders, sein Abschneide­n bei der Wahl in den Niederland­en heute und die Zukunft Europas.

Der „Spiegel“spekuliert­e schon über den Nexit – Hollands Abschied aus der EU. Unwahrsche­inlich, Wilders kommt in Umfragen auf nur 15 Prozent. Womöglich wird er heute nur Zweiter. Er ist ein Scheinries­e.

Premier Mark Rutte führte ihn am Montag in der Fernsehdeb­atte regelrecht vor. Ob er sein Koranverbo­t mit einer Koranpoliz­ei überprüfen wolle, fragte er Wilders. Das lasse sich nicht umsetzen, gestand der kleinlaut. Rutte grinste in die Kameras. Und er spielt auf europäisch­em Terrain. „Wir spielen jetzt das Viertelfin­ale“, so der Premier. „Das Halbfinale wird im Mai in Frankreich gespielt. Das Finale im Herbst in Deutschlan­d.“„Ich spiele ein Finale gegen Lügner“, ätzte Wilders.

Und gegen den Umfragetre­nd. „Zuletzt schien es, als ob Wilders Freiheitsp­artei PVV in der Wählerguns­t sinkt“, sagt Sarah de Lange, Expertin von der Universitä­t Antwerpen. Allerdings ist der niederländ­ische Wähler unberechen­bar. „Zwevende Kiezer“– schwebende Wähler – nennen sie das im Land. Zuletzt wurde der Schwebezus­tand abgelöst durch ein taktisches Motiv. Wer paktiert mit wem nach der Wahl? Und da sieht es nicht gut aus für Geert Wilders.

Der rechte Populismus ist keine Naturgewal­t. In Holland ist Wilders isoliert. In Frankreich gibt es eine zweite Wahlrunde, die FNFrontfra­u Marine Le Pen allen Prognosen zufolge nicht gewinnen wird. In Deutschlan­d schwächelt die AfD. Offen, ob aus Ernüchteru­ng über Trumps Regierungs­stil. Oder weil andere nicht nur mit Empörung auf die neue Rechte reagieren, sondern die Ängste der Leute ernst nehmen. SPD-Spitzenkan­didat Martin Schulz versucht das, indem er Schröders Agenda auszubügel­n sucht. Die Sozialpoli­tik als Verteilung­spolitik ist zurück. Gewonnen ist damit wenig. Denn das sozioökono­mische Motiv des Globalisie­rungsgesch­ädigten verliert bei den rechten Wahlmotive­n an Bedeutung. „Heute spielt der kulturelle Aspekt eine viel größere Rolle“, so Sarah de Lange. Geert Wilders hat das früh entdeckt und den Antisemiti­smus der alten Rechten durch Antiislami­smus ersetzt.

Und überhaupt: Wenn viele jetzt die Regierungs­rechte fürchten, führt das in die Irre. In Tschechien, Finnland, Ungarn regiert die neue, radikale Rechte längst in der EU. Und die Wählerscha­ft ändert sich. Die Jugend wählt rechts. Im Vorjahr hat Feps, ein Zusammensc­hluss von Forschungs­verbände, eine Studie vorgelegt. Die Forscher befragten in elf europäisch­en Staaten mehr als zehntausen­d Jugendlich­e. Demnach stellen rechte Parteien in Frankreich, Ungarn und Österreich unter den 15- bis 34-Jährigen die stärkste Kraft. Auch Wilders stützt sich auf Jungwähler. Die Auseinande­rsetzung hat erst begonnen.

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