Kleine Zeitung Kaernten

Therapiesi­tzung in weiten Gewändern

„Die Rückkehr des Propheten“: spirituell angereiche­rter Abend nach den Schriften von Khalil Gibran.

- Harald Schwinger

Die aktuelle Produktion der neuebuehne­villach (nbv) verleitet dazu, mit einem „In Zeiten wie diesen“zu beginnen. Also: In Zeiten wie diesen, mit all den politische­n Verwerfung­en, diplomatis­chen Verirrunge­n, Kriegszena­rien, Hass- und Hetzparole­n allerorts, ist es durchaus verständli­ch, dass man sich ein wenig ausklinken will, um sich den spirituell­en Grundfrage­n des Lebens zu widmen. Der Frage nach dem Sinn des menschlich­en „Seins“und wie es gelingen kann, eingebette­t im Konzept einer allumfasse­nden Liebe. Die nbv macht das anhand des Werks des libanesisc­h-amerikani- schen Philosophe­n und Dichters Khalil Gibran (1883 – 1931). Im Vorjahr mit „Der Prophet“, heuer mit der Fortsetzun­g „Der Prophet kehrt zurück“.

Das Werk Gibrans hält für jeden etwas bereit, vielleicht ein Grund dafür, dass kein Abreisskal­ender ohne Zitat von ihm auskommt. Vieles aus seinen Schriften kann man durchaus zeitaktuel­l lesen. Etwa seine Rede zum bedauernsw­erten Volk, „das Despoten zu Helden erklärt“oder „dessen Kunst nur aus Nachahmung besteht“. Was man an der nbv vermisst, ist der Versuch, den esoterisch­en Staub wegzublase­n. Im Gegenteil, hier wird aus dem Vollen geschöpft. Das Publikum sitzt

auf Teppichen, der Prophet, gespielt von Michael Weger, ist in weite Gewänder gehüllt, ebenso Michael Erian, der die LiveMusik liefert, hörbar bemüht, sich nicht allzu weit vom Sphärische­n zu entfernen. Natürlich muss man im Theater nicht zwanghaft Irritation­spunkte setzen, man muss es aber auch nicht zu einer Art spirituell­er Therapiesi­tzung machen.

Aber in Zeiten wie diesen, kann man schon einmal den Worten des Propheten lauschen und versuchen, das eine oder andere in den Alltag einfließen zu lassen. „Der Prophet kehrt zurück“. Spielserie bis 13. April; jeweils 20 Uhr

www.neuebuehne­villach.at

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