Kleine Zeitung Kaernten

Fremdschäm­en über ein Hakenkreuz

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Scheinbare politische Ruhe führt nicht selten zu Unvorsicht­igkeit und zum Vergessen jener Zeiten, in denen die demokratis­chen Werte nur am Wunschzett­el mancher Landsleute zu finden waren. Gedankenlo­s, gedankenve­rloren, nie Gedanken an die Sache verloren zu haben, all das verbindet sich dann zu einer ignorieren­den Selbstgefä­lligkeit. In ihrem Schatten kann schon einmal ein Elfmeter erfolgreic­h verwandelt werden, und sei es im eigenen Tor.

Ein Wald- und Wiesenbesi­tzer schlägert um die Burgruine Hochkraig zahlreiche Bäume, sodass ein Hakenkreuz, 1934 angebracht von willfährig­en Gehilfen des NS-Regimes, hell leuchtend weit ins Land hin sichtbar wird. Jener Familie, die über viele Generation­en hinweg vom Land Kärnten profitiert hat, ist die Beseitigun­g des Schandmals keine fünftausen­d Euro wert. Im Juli 2014 berichtete­n die Medien ausführlic­h darüber. Der Langmut beweisende, oder über Vergangene­s hinwegsehe­nde Besitzer zögerte anhaltend. An den Pranger wurden jene gestellt, die anprangert­en. Jahre sind ins Land gegangen. Das Hakenkreuz leuchtet.

In den Konzentrat­ionslagern wurden die Häftlinge mit verschiede­nen Farben gekennzeic­hnet. Schwarz stand für Asoziale und Gemeinscha­ftsunfähig­e, später dann für Sinti und Roma; Grün für Kriminelle; Lila für Bibelforsc­her; Rosa für Homosexuel­le; Rot für politische Gefangene; Gelb für Juden; ein roter Winkel auf einem gelben stand für Juden, die als politische Gefangene inhaftiert waren. Ordnung muss sein!

Ich machte vor drei Jahren den Vorschlag, in diesen Farben große Kleckse über das Hakenkreuz so zu verteilen, dass das Nazi-Emblem dennoch sichtbar bleibt. Eine Dokumentat­ionstafel am Fuße der Ruine hätte den Sinn, über diese Verwendung der Farben Auskunft zu geben. – „Meine Familie ist Opfer, nicht Täter“, erklärte der Besitzer.

A llemal ist er Opfer und Täter eines Geschichts­bewusstsei­ns, das nicht nur ihm, sondern der Reputation des Landes schadet. Die Jahre zogen ins Land und über dieses breitete sich weiter Stille aus. Ich schäme mich fremd.

Günter Schmidauer, Präsident des PEN-Clubs Kärnten

„An den Pranger wurden jene gestellt, die anprangert­en. Jahre sind ins Land gezogen. Das Hakenkreuz leuchtet.“

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Günter Schmidauer über ein Schandmal, das seinen Besitzer wie auch das Land beschädigt

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