Spitzenforscher auch mit 90
Hanno Millesi aus Villach wird am Freitag 90. Er bleibt der Nervenchirurgie treu und hat vieles, auf das er sich freut.
Einen Ferrari? Einen luxuriösen Swimmingpool? Was wünscht man sich zum 90. Geburtstag?
„Solche Kinkerlitzchen habe ich mir abgewöhnt“, behauptet Hanno Millesi absolut glaubwürdig. Vor allem dann, wenn man erkennt, was ihm wirklich wichtig ist: „Ich will die Möglichkeit haben, weiter zu arbeiten, zu forschen und mein großes wissenschaftsmedizinisches Werk fertig zu schreiben.“
Wer das für Koketterie hält, irrt. Als sich der Professor vor drei Jahren bei einem Kongress den Unterarm brach, hörte er auf, in der von ihm gegründeten „Wiener Privatklinik“für plastische und Nerven-Chirurgie zu operieren. Was ihn aber nicht daran hindert, zwei Mal wöchentlich beratend mitzuwirken.
S ein großes Fachbuch kann er noch nicht veröffentlichen. „Erst muss ich mich mehr mit dem Gleitgewebe beschäftigen.“Dann kommt der Medizinpädagoge zum Vorschein: „Beim Strecken und Beugen des Ellbogens wird ein wichtiger Nerv 20 Prozent kürzer oder länger. Normalerweise spüren wir das nicht. Doch wenn das Gleitgewebe nicht funktioniert, tut das sehr weh.“Millesi ist überzeugt, dass entsprechende Beschwerden, die noch Jahre nach Unfällen oder Verletzungen auftauchen können, oft mit dem Gleitgewebe zu tun haben – und das muss natürlich in sein neues Buch.
So mischt er auch nach 40 Jahren bei der Spitzenforschung mit. Damals wurde er berühmt, weil er eine Technik der Nerventransplantation entwickelte, die viele der da- mals üblichen Amputationen unnötig machte. Kein Wunder, dass er zum Operieren in die ganze Welt ausgeflogen wurde. Über Promi-Patienten redet er nicht; bekannt ist, dass er jemanden aus der Schah-Familie behandelte und – gemeinsam mit Gattin Dagmar – Briefbombenopfer und Wien-Bürgermeister Helmut Zilk.
A uch wenn er nicht mehr so gut gehen kann wie früher: Reisen, Vorträge und Kongresse lässt er sich nicht entgehen. „Voriges Jahr war ich in Buenos Aires und Teheran, vor zwei Jahren in Mumbai, im Juni fahre ich nach Hannover.“
Es waren wohl Menschen wie er, für die die Römer den Begriff „vita activa“schufen.
Gefeiert wird der 90ste am Montag in „seiner“Privatklinik. Und es gibt vieles, auf das sich der verdiente Mediziner, der drei Kinder und fünf Enkel hat, freuen kann: „Auf Urenkel. Dass die Dinge weiterleben, die ich angestoßen habe. Dass ich mein Buch fertigstelle. Und auf meine Bibliothek und meine Liebe zur Geschichte.“