Religion und Europa im Umbruch?
In Europa hat Religion wenig Bedeutung. Wir sind mittlerweile sehr säkular geprägt. Auch wenn viele nicht offiziell aus der Kirche ausgetreten sind, so dient Religion für die Mehrheit nur mehr als Behübschung. Eine Taufe, eine Hochzeit, ein Begräbnis oder eine Christmette, das ist mit der Kirche dann doch festlicher. Jahrhunderte von Religionskriegen, Verfolgungen, Unterdrückung von Frauen, keine anerkannten Menschenrechte etc., all das steht für die Zeit in Europa, in der Religion noch großen Einfluss hatte und dadurch die Gesellschaft geprägt hat. Es war ein langer, harter Kampf, bis durch die Französische Revolution und die Aufklärung die Kirche in ihrer Vormachtstellung beschnitten wurde. Die Zahl der Kirchengänger beträgt keine 12 % der Katholiken mehr. Europa ist ein über die Jahrhunderte in der Kultur christlich geprägter Kontinent, aber Religion wird kaum mehr praktiziert. Jetzt wandern (muslimische) Migranten und Asylwerber, die überwiegend sehr religiös sind, nach Europa ein. Ängste tauchen auf. Umsonst predigt Kardinal Schönborn nicht mit Leidenschaft gegen die Eroberung Europas durch den Islam. „Herr, verstoß uns nicht, weil wir im Glauben lau geworden sind“, so Schönborn bei einer Predigt. Was passiert durch die Zuwanderung aus den muslimischen Ländern à la longue mit unseren Menschenrechten, besonders mit den Frauenrechten? Wie verändert das unseren Alltag und unsere Lebensrealität, wenn Menschen, die ihr Leben an der Religion ausrichten, dies auch in der Öffentlichkeit tun? Wir haben gerade in Österreich – nicht ganz untypisch – eine sehr schlampige Trennung von Staat und Kirche. Die Diskussion läuft aber am Kern „des Problems“vorbei. Es geht gar nicht so sehr um Religion, sondern um die Frage, ob wir in einer aufgeklärten Gesellschaft leben wollen, wo der Staat über der Religion steht. Die Angst der Österreicher ist, dass Zuwanderer die Errungenschaften der Aufklärung zurückdrängen, im schlimmsten Fall die Religion wieder über dem Staat stehen könnte. Übertriebene Religiosität in Kombination mit mangelnder Bildung sind zwei Kriterien, die einer Integration entgegenstehen. Wer findet, dass unser Lebensmodell unattraktiv ist, hat ja die Option, es nicht teilen zu müssen, und in Ländern zu leben, wo Religion das Leben maßgeblich prägt. Die Frage ist, welche Gesellschaft wollen wir?
„Es geht nicht so sehr um Religion, sondern um die Frage, ob wir in einer aufgeklärten Gesellschaft leben wollen.“