Flüchtlinge: Nein zur Umverteilung
Überraschende Kehrtwende: SPÖ und ÖVP wollen den EU-Plan zur Umverteilung von Flüchtlingen aufkündigen – und richten selbst in der Einigkeit noch ein politisches Durcheinander an.
Der heutige Ministerrat dürfte spannend werden. Steht doch nicht nur das umstrittene Integrationspaket auf der Tagesordnung, sondern auch ein eventueller Ministerratsbeschluss, der der EU-Verteilung von Flüchtlingen ein Ende setzen will. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Denn die beiden „Verhandler“verbrach- ten das Wochenende mit gegenseitigen Anschuldigungen.
Die Ankündigung von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), dass Österreich im Zuge der EU-weiten Verteilung rund 2000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland aufnehmen müsse, quittierte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) prompt mit Ablehnung: Österreich habe hier genug getan. Sobotka verwies auf
geltendes EU-Recht, man werde keine Strafe riskieren. Ein handfester Streit folgte.
Was die Minister eint, ist ihre Ablehnung der Umverteilung. Doskozil sieht Österreich aber gar nicht zur Aufnahme neuer Flüchtlinge verpflichtet. In einem Ministerratsvorschlag an seinen Kollegen Sobotka will Doskozil festhalten, „dass wir unseren Beitrag bereits überer- haben“. EU-Vergleichszahlen würden zeigen, dass es in Österreich in den vergangenen zwei Jahren eine deutlich höhere Anzahl an Asylanträgen gab als in Italien, nämlich 4587 pro einer Million Einwohner. In Italien waren es pro Million nur 1998 Anträge. Zudem sei der Beschluss unter der Voraussetzung getroffen worden, dass die Fluchtrouten geschlossen und die Flüchtlinge solidarisch in
ganz Europa verteilt werden. Beides sei nicht der Fall, deshalb solle sich Österreich aus dem Programm „herausnehmen“, forderte Doskozil.
Innenminister Sobotka zeigte sich über dessen Vorpreschen verärgert. „Wenn die SPÖ einen anderen Weg will, soll sie mit mir reden und mir nicht alles über die Medien ausrichten.“Doskozils Vorschlag will er dennoch nicht a priori ablehfüllt
nen. Man werde ihn ordentlich prüfen. Ein Ja von Sobotka wäre aber an eine Bedingung geknüpft: „Wenn der Beschluss beinhaltet, dass sich Kanzler Kern auf EU-Ebene gegen das Umverteilungsprogramm einsetzt.“Denn ein Beschluss im Ministerrat sei zu wenig, um einen EU-Beschluss zu Fall zu bringen, erklärt Sobotka. Kern selbst will die Ausnahme für Österreich verlängern.
Wenn die SPÖ einen anderen Weg gehen will, soll sie mit mir reden und mir nicht alles über die Medien ausrichten.
Wolfgang Sobotka, Innenminister (ÖVP)
Im Beschluss soll festgehalten werden, dass wir unseren Beitrag bereits übererfüllt haben.
Hans Peter Doskozil, Verteidigungsminister (SPÖ)