„Dann wird es kritisch“
Gemeinden werden von Bund und Land wie Befehlsempfänger behandelt, klagt Mödlhammer.
Eine beachtenswerte Tour d’Horizon über den Zustand der Gemeinden in Österreich lieferte Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer in seiner gestrigen Abschiedspressekonferenz in Wien. Nach 18 Jahren hängt Mödlhammer – auch krankheitsbedingt – die Politik an den Nagel. In einer Kampfabstimmung wird morgen sein Nachfolger gekürt.
„Meine größte Sorge ist, dass die Ballungszentren und die entlegenen Regionen auseinanderdriften und eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entsteht.“Mit dem Schließen der Post, der Polizei, der Schule, des Kaufhauses, des Gasthauses hätten sich die Leute schon abgefunden. „Wenn es keinen Bankomaten mehr gibt, die Tankstelle schließt, der Nahverkehr nicht funktioniert und der Breitbandausbau stockt, wird es kritisch.“Da dürfe man sich nicht wundern, wenn etwa Norbert Hofer ausgerechnet in strukturschwachen Regionen so zulege.
Der ÖVP-Politiker geht in seiner Bilanz hart mit den Regierungen der letzten Jahre ins Gericht. „Meine größte Enttäuschung ist die nie erfolgte Aufgaben- und Verwaltungsreform.“Das treffe die Gemeinden doppelt und dreifach. Zum einen würden Gemeinden wie Befehlsempfänger behandelt, die dann undurchführbare Beschlüsse (Schulreform, gemeinnützige Arbeit für Flüchtlinge) umsetzen müssen. Zum anderen verkompliziere die Mischform an Zuständigkeit im Schul-, Pflege-, Gesundheitsbereich den Alltag ungemein. Exemplarisch führt Mödlhammer die – an sich begrüßenswerte – Akademisierung in den Bereichen Pflege und Kindergarten an. „Das beschließt man, ohne mit uns zu reden, obwohl wir die Mehrkosten tragen müssen.“
Den zweiten Wahltag, den ja ebenso die Gemeinden abzuwickeln haben, bezeichnete der Gemeindebundpräsident als „sinnlos“. Stattdessen sollte man die Briefwahl vereinfachen.