Kleine Zeitung Kaernten

Die 20. Diagonale in Graz ist eröffnet. Zum Jubiläum gab es von den beiden Intendante­n einen Aufruf zu mehr Selbstkrit­ik – und einen strahlende­n Preisträge­r. Tritte

Politik der kleinen

- Von Ute Baumhackl und Julia Schafferho­fer

Ü berraschun­g: keine Spur von festlicher Selbstergr­iffenheit bei der Eröffnung der 20. Diagonale in Graz. Vielmehr nutzte das Intendante­nduo Peter Schernhube­r und Sebastian Höglinger den Auftakt in der List-Halle gestern Abend zur Zwischenab­rechnung mit einer „überheblic­hen“Kunst- und Kulturszen­e und wohlfeiler Kuschelber­eitschaft in Kulturszen­e und Politik. Denn längst sei „die Kritik an den Verhältnis­sen von begriffsfi­xierter Identitäts- und Befindlich­keitspolit­ik abgelöst“, während „die Apologeten des Populismus ihre mit Wahnvorste­llungen errichtete­n Gedankenge­bäude gegenüber jeglicher Kritik erdbebensi­cher gemacht und abgedichte­t“hätten.

Lauter Jubel für die beiden Diagonale-Chefs, die in ihrer zweiten Eröffnungs­rede mehrmals mehr Offenheit und Neugierde einmahnten und mit einer Einspielun­g von Austropopp­er Hansi Langs legendärem New Wave-Hit „Keine Angst“bestimmter­es Auftreten gegen eine Gegenwart forderten, in der etwa Frauenglei­chstellung, Humanismus, Antifaschi­smus wieder verhandelb­ar erscheinen. Für Schernhube­r und Höglinger liegt „der Schlüssel zu Mündigkeit und Souveränit­ät und im Weiteren zu Enthusiasm­us und Empathie“nicht zu- letzt in der „Neugierde jener, die hier schon immer waren, gegenüber jenen, die womöglich gerade erst angekommen sind“. Das Kino sei da wesentlich: „Es ermöglicht uns, mit seiner Vielzahl an Handschrif­ten und Haltungen und mit der angesproch­enen Souveränit­ät über unsere Lebenslage­n nachzudenk­en.“

Einer, „dem das Publikum ohne Widerrede folgt“, so Laudatorin Elisabeth Scharang, wurde danach mit dem Großen Diagonale-Schauspiel­preis ausgezeich­net: Burgschaus­pieler Johannes Krisch. In Anlehnung an Hansi Lang versprach er, weiter für den heimischen Film einzutrete­n: „Ich spiele Leben. Und ich hab genug davon“, und nutzte gleich die Gelegenhei­t, um bei Kulturmini­ster Thomas Drozda öffentlich um „Audienz“anzusuchen. Nebst Regisseure­n wie Götz Spielmann und Peter Patzak sprach Krisch auch seinem Kollegen und Lehrer Klaus Maria Brandauer seinen Dank aus: „Weil er mir zur richtigen Zeit einen Tritt in den A... verpasst hat.“Gute Nachricht für Schernhube­r und Höglinger: Die Politik der kleinen Tritte, sie wirkt offenbar.

 ??  ?? Großer DiagonaleP­reis für Johannes Krisch. Kulturmini­ster Thomas Drozda gratuliert­e, den Preis stiftete Künstlerin Stefanie Moshammer
Großer DiagonaleP­reis für Johannes Krisch. Kulturmini­ster Thomas Drozda gratuliert­e, den Preis stiftete Künstlerin Stefanie Moshammer

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