Posse im Pressefoyer: Kern klopft in Brüssel an
Z u einer Posse gerieten wieder einmal Ministerrat und Pressefoyer. Ursprünglich wollten Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler
Reinhold Mitterlehner gemeinsam vor die Medien treten. Wegen der heftigen Auseinandersetzung um die EU-Umverteilung für Flüchtlinge (Relocation) wurde das gemeinsame Foyer abgeblasen. Zunächst lieferten die Zaungäste Stoff. „Kern ist umgefallen, diesmal in die richtige Richtung“, ätzte Klubobmann
Reinhold Lopatka. Umweltminister Andrä Rupprechter bemühte die französische Sprache und bezeichnet den Kanzler als „Wendehals“.
D ann erschien doch der Kanzler vor den Medien, um zu verkünden, dass er in Brüssel um eine Fortsetzung der Ausnahmeregelung ansuchen werde. Aus dem Nichts tauchte plötzlich Mitterlehner im Hintergrund auf – offenkundig, um den Soloauftritt des Kanzlers zu konterkarieren. „Ich glaube nicht, dass das gelingen kann“, meinte Mitterlehner – Kern hatte sich bereits ins Büro zurückgezogen.
M it einer kleinen Spitze gegen die eigene Partei wartete zwischenzeitlich Wiens Bürgermeister Michael
Häupl auf. Bekanntlich soll Österreich im Zuge der Relocation 50 unbegleitete Minderjährige übernehmen, Kern und Verteidigungsminister Hans
Peter Doskozil wollen davon nichts wissen. „Die 50 nehme ich sofort in Ottakring“, sagte er zum „Standard“.
A m Abend wandte sich Kern an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker .In dem Brief, der der Kleinen Zeitung vorliegt, erklärt der Kanzler, die Einbindung Österreichs in die Relocation sei „nicht gerechtfertigt“– mit dem Argument, dass die aufzunehmenden Flüchtlinge aus Italien und Griechenland kommen, durch die Aufnahme der vielen Migranten in der Vergangenheit Österreich die beiden Länder aber längst entlastet habe. Kern bat Juncker um ein Treffen in Brüssel.