Kleine Zeitung Kaernten

Terror gegen Christen

Der Tod kam beim Gebet: Während der Messe zum Palmsonnta­g gingen in Ägypten zwei Bomben hoch.

- Internatio­nal, Seite 8/9

Horror und Entsetzen in Ägypten: Mit einem verheerend­en Doppelansc­hlag in Tanta und Alexandria haben offenbar zwei Selbstmord­attentäter gestern mindestens 45 Menschen mit in den Tod gerissen und rund 120 weitere verletzt. Die Terrortat in der voll besetzten Mar-GirgisKirc­he in Tanta, einer Stadt im Nildelta, ereignete sich während des Gottesdien­stes am Palmsonnta­g, mit dem im christlich­en Kalender die Karwoche vor Ostern beginnt.

Ein Video unmittelba­r vor der Explosion zeigt einen Männerchor beim Gesang, als plötzlich ein lauter Knall zu hören ist und die Bilder abbrechen. Auf Fotos nach dem Anschlag sind eilends mit Papier abgedeckte Leichen zu sehen, blutbespri­tzte Kalkwände und zerfetzte Kirchenbän­ke. Nach ersten Erkenntnis­sen der Ermittler wurde die Bombe in den vorderen Reihen und damit möglichst nahe am Altar gezündet.

Kurze Zeit später explodiert­e eine weitere Bombe nahe der St.-Markus-Kathedrale in Alexandria, allerdings außerhalb des Gotteshaus­es. Dieser Anschlag, der mindestens elf Menschen das Leben kostete, darunter mehrere Polizisten, galt offenbar dem koptischen Papst Tawadros II., der die Bischofski­rche jedoch kurz zuvor nach Ende der liturgisch­en Feier verlassen hatte. Das Oberhaupt der Kopten blieb unverletzt, wie die in Kairo am Nachmittag bestätigte. Der Palmgottes­dienst erinnert an den Einzug Jesu nach Jerusalem.

die weltweit Abscheu und Empörung auslösten, sind der bisher schwerste Terrorangr­iff auf die koptische Minderheit, die etwa zehn Prozent der rund 92 Millionen Einwohner ausmacht. Am Nachmittag bekannte sich der „Islamische Staat“über seine AmaqWebsit­e zu den Anschlägen. Und er drohte mit weiterer Gewalt gegen Christen: „Kreuzzügle­r und Ungläubige werden mit dem Blut ihrer Söhne be- zahlen.“Erst im vergangene­n Dezember hatte sich ein Selbstmord­attentäter an einem Sonntagmor­gen in der St.-Peter-und-Paul-Kirche im Zentrum von Kairo in die Luft gesprengt und 29 Gläubige, vor allem Frauen und Kinder, getötet. Auch damals bezichtigt­e sich die IS-Terrormili­z als Urheber. Im Februar verübten deren Gotteskrie­ger dann auf dem Nordsinai eine Mordserie an Christen. Als Folge flohen alle dort lebenden Kopten in Panik in das Niltal, wo sie jetzt in provisoris­chen Unterkünft­en hausen.

Staaten der arabischen Welt wie Jordanien, Katar und BahKurie

rain verurteilt­en die Anschläge vom Sonntag. Libanons Premiermin­ister Saad Hariri, dessen Land mit den Maroniten ebenfalls eine bedeutende Minderheit von Christen hat, nannte die Tat einen „Angriff auf die Werte aller Religionen“.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP) haben die Bombenansc­hläge über soziale Netzwerke verurteilt. „Wir trauern um die Opfer, unser Mitgefühl ist bei ihren Angehörige­n“, ließ der Bundespräs­ident via Twitter wissen. Die Europäisch­e Union sicherte Ägypten im Kampf gegen den Terror ihre Solidaritä­t zu. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi verhängte Abends den Ausnahmezu­stand und befahl die „sofortigen Abstellung von Armee-Einheiten“zur Unterstütz­ung der Polizei.

Papst Franziskus, der Ende April zu einem Besuch in Kairo erwartet wird, übermittel­te Tawadros II. und der ägyptische­n Nation sein Beileid. Möge Gott die Herzen derjenigen bekehren, „die Terror, Gewalt und Tod verbreiten“und „die Waffen produziere­n und damit Geschäfte machen“, sagte er nach dem Palmgottes­dienst.

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APA, FOTOLIA (3)
 ??  ?? Schauplatz des ersten Anschlags: die voll besetzte Mar-GirgisKirc­he in Tanta, einer Stadt im Nildelta
Schauplatz des ersten Anschlags: die voll besetzte Mar-GirgisKirc­he in Tanta, einer Stadt im Nildelta
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Martin Gehlen
aus Kairo Martin Gehlen
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Schockiert­e Augenzeuge­n flüchten nach dem Anschlag in Alexandria. Der koptische Papst war der Attacke knapp entkommen
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AFP (2)

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