Terror gegen Christen
Der Tod kam beim Gebet: Während der Messe zum Palmsonntag gingen in Ägypten zwei Bomben hoch.
Horror und Entsetzen in Ägypten: Mit einem verheerenden Doppelanschlag in Tanta und Alexandria haben offenbar zwei Selbstmordattentäter gestern mindestens 45 Menschen mit in den Tod gerissen und rund 120 weitere verletzt. Die Terrortat in der voll besetzten Mar-GirgisKirche in Tanta, einer Stadt im Nildelta, ereignete sich während des Gottesdienstes am Palmsonntag, mit dem im christlichen Kalender die Karwoche vor Ostern beginnt.
Ein Video unmittelbar vor der Explosion zeigt einen Männerchor beim Gesang, als plötzlich ein lauter Knall zu hören ist und die Bilder abbrechen. Auf Fotos nach dem Anschlag sind eilends mit Papier abgedeckte Leichen zu sehen, blutbespritzte Kalkwände und zerfetzte Kirchenbänke. Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler wurde die Bombe in den vorderen Reihen und damit möglichst nahe am Altar gezündet.
Kurze Zeit später explodierte eine weitere Bombe nahe der St.-Markus-Kathedrale in Alexandria, allerdings außerhalb des Gotteshauses. Dieser Anschlag, der mindestens elf Menschen das Leben kostete, darunter mehrere Polizisten, galt offenbar dem koptischen Papst Tawadros II., der die Bischofskirche jedoch kurz zuvor nach Ende der liturgischen Feier verlassen hatte. Das Oberhaupt der Kopten blieb unverletzt, wie die in Kairo am Nachmittag bestätigte. Der Palmgottesdienst erinnert an den Einzug Jesu nach Jerusalem.
die weltweit Abscheu und Empörung auslösten, sind der bisher schwerste Terrorangriff auf die koptische Minderheit, die etwa zehn Prozent der rund 92 Millionen Einwohner ausmacht. Am Nachmittag bekannte sich der „Islamische Staat“über seine AmaqWebsite zu den Anschlägen. Und er drohte mit weiterer Gewalt gegen Christen: „Kreuzzügler und Ungläubige werden mit dem Blut ihrer Söhne be- zahlen.“Erst im vergangenen Dezember hatte sich ein Selbstmordattentäter an einem Sonntagmorgen in der St.-Peter-und-Paul-Kirche im Zentrum von Kairo in die Luft gesprengt und 29 Gläubige, vor allem Frauen und Kinder, getötet. Auch damals bezichtigte sich die IS-Terrormiliz als Urheber. Im Februar verübten deren Gotteskrieger dann auf dem Nordsinai eine Mordserie an Christen. Als Folge flohen alle dort lebenden Kopten in Panik in das Niltal, wo sie jetzt in provisorischen Unterkünften hausen.
Staaten der arabischen Welt wie Jordanien, Katar und BahKurie
rain verurteilten die Anschläge vom Sonntag. Libanons Premierminister Saad Hariri, dessen Land mit den Maroniten ebenfalls eine bedeutende Minderheit von Christen hat, nannte die Tat einen „Angriff auf die Werte aller Religionen“.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) haben die Bombenanschläge über soziale Netzwerke verurteilt. „Wir trauern um die Opfer, unser Mitgefühl ist bei ihren Angehörigen“, ließ der Bundespräsident via Twitter wissen. Die Europäische Union sicherte Ägypten im Kampf gegen den Terror ihre Solidarität zu. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi verhängte Abends den Ausnahmezustand und befahl die „sofortigen Abstellung von Armee-Einheiten“zur Unterstützung der Polizei.
Papst Franziskus, der Ende April zu einem Besuch in Kairo erwartet wird, übermittelte Tawadros II. und der ägyptischen Nation sein Beileid. Möge Gott die Herzen derjenigen bekehren, „die Terror, Gewalt und Tod verbreiten“und „die Waffen produzieren und damit Geschäfte machen“, sagte er nach dem Palmgottesdienst.