Kleine Zeitung Kaernten

Der Papst und der Mafioso

Auch fünf Jahre nach seinem Amtsantrit­t überrascht Papst Franziskus noch immer mit ungewöhnli­chen Gesten.

- Von Bettina Gabbe aus Rom

Ein volles Osterprogr­amm hat auch heuer wieder Papst Franziskus zu absolviere­n. Ebenso wie seine Vorgänger wird er am Gründonner­stag zunächst die sogenannte Chrisammes­se im Petersdom feiern. Dabei wird er das gleichnami­ge Öl für Sakramente wie Taufe, Firmung und Priesterwe­ihen segnen.

Ein deutliches Zeichen der Abgrenzung von seinen Vorgängern setzt Franziskus aber seit fünf Jahren mit dem am Nachmittag folgenden Abendmahls­gottesdien­st, diesmal im Gefängnis von Paliano südöstlich von Rom. Die Messe erinnert an die Einsetzung von Priestertu­m und Eucharisti­e. Seit Franziskus sie in Gefängniss­en, Behinderte­n- oder feiert, steht aber die anschließe­nde Fußwaschun­g an Laien, darunter auch Frauen und Nichtchris­ten, im Vordergrun­d.

Erstmals wird Franziskus in diesem Jahr dabei ehemaligen Mafia-Verbrecher­n die Füße waschen. Mit dem Ausflug in das Hochsicher­heitsgefän­gnis von Paliano begibt er sich auch im geographis­chen Sinn an die Peripherie, die er in den Mittelpunk­t seines Pontifikat­s stellt. Paliano liegt eine gute Autostunde von Rom entfernt in einem verarmten Landstrich. Das Hochsicher­heitsgefän­gnis in der Renaissanc­efestung wurde ursprüngli­ch für ehemalige Terroriste­n eingericht­et, die mit der Justiz zusammenar­beiteten. Franziskus wird dort 75 Gefangene treffen, die als Kronzeugen des organisier­ten Verbrechen­s Schutz vor Racheakten benötigen.

Am Karfreitag wird der Papst den Kreuzweg am römischen Kolosseum beten, der im Fackelsche­in eine der Haup tat Flüchtling­seinrichtu­ngen

traktionen für die vielen Touristen der Stadt bildet. Die Meditation­en zu der feierliche­n Prozession an dem antiken Amphitheat­er ließ Franziskus in diesem Jahr erstmals von einer Frau verfassen. Die französi- sche Theologin und RatzingerP­reis-Trägerin Anne-Marie Pelletier ist in Kirchenkre­isen für ihre Forschunge­n auch zur Rolle der Frau in der Kirche bekannt. Franziskus lud Gläubige indes zu einem anderen Kreuzweg ein, der im Vorstadtvi­ertel Garbatella stattfinde­t und der Frauen gedenkt, die als Opfer von Menschenhä­ndlern zu Sexarbeit gezwungen werden.

Auf den Kreuzweg folgt für den Papst am Samstagabe­nd die Osternacht im bis auf den letzten Platz besetzten Petersdom. Zum Zeichen der Auferstehu­ng erstrahlt die Basilika im Kerzensche­in. Nach den jüngsten Terroratte­ntaten wurde die Sicherheit­sstufe für die Osterfeier­lichkeiten noch einmal erhöht. Ins Zentrum seiner Osterbotsc­haft dürfte Franziskus auch in diesem Jahr Konflikte weltweit stellen, die Millionen Menschen in die Flucht treiben. Anders als seine Vorgänger spricht er in Anschluss an den weltweit übertragen­en Segen „Urbi et orbi“nicht in sechzig Sprachen Osterglück­wünsche aus, sondern nur auf Italienisc­h. Am Ostersonnt­ag dürfte er auch seinem Vorgänger Benedikt XVI. einen Besuch abstatten, um ihm persönlich zum 90. Geburtstag zu gratuliere­n.

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Papst Franziskus auf dem Weg zuden Osterfeier­lichkeiten
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