Anschlag auf Borussia Dortmund vor Champions-League-Spiel: Ein Spieler wurde verletzt, das Spiel gegen den AS Monaco abgesagt. Explosionen erschüttern Fußballwelt
Die Mannschaft der Borussia Dortmund war auf dem Weg in den Signal Iduna Park, das Heimstadion des BVB. Dort sollte sie am Dienstagabend im ChampionsLeague-Viertelfinale auf den AS Monaco treffen. Ein Fußballleckerbissen, wie man sagt. Zwei der besten Mannschaften, die Europa derzeit zu bieten hat, sollten gegeneinander antreten und doch rückte Fußball an diesem Abend mit einem Knall in den Hintergrund. Kurz nach der Abfahrt der Borussen vom Teamhotel zum Stadion explodierten in unmittelbarer Nähe des von der Polizei begleiteten Mannschaftsbusses drei Sprengsätze. Die Scheiben zerbarsten, einer der BVB-Spieler wurde verletzt, das Spiel 15 Minuten vor der geplanten Anpfiffzeit abgesagt.
Die Zehntausenden Zuseher, die im ausverkauften Stadion die Begegnung sehen wollten, wurden wieder nach Hause geschickt. Die Polizei bestätigt schon kurz nach der Explosion den Vorfall. Die Sprengsätze dürften in eigleichzeitig ner Hecke am Straßenrand detoniert sein. Das Gebiet wurde großräumig abgeriegelt. Spürhunde suchten nach Sprengstoff, alle verfügbaren Polizeieinheiten wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Die Hintergründe der Tat sind völlig unklar, erklärte Polizeipräsident Gregor Lange am Abend. Allerdings wurde in unmittelbarer Tatortnähe ein Bekennerschreiben gefunden. Über den Inhalt des Schriftstücks wollte Staatsanwältin Sandra Lücke noch keine Auskünfte geben.
Wenige Tage nach dem Anschlag in Stockholm wollte gestern offiziell noch niemand das Wort „Terror“in den Mund nehmen. Auch gebe es keine Hinweise auf eine Tat rivalisierender Fans. Terrorexperte Malte Roschinski erklärte gegenüber N24, dass einiges darauf hindeute, dass es sich um eine kriminelle, nicht um eine terroristische Aktion handle: Die geringe Detonationskraft der Sprengsätze und das Ziel würden gegen eine Attacke des „Islamischen Staates“sprechen. Dennoch merkt der Terrorexperte an: Der oder die Täter agierten professionell, kannten die Wegstrecke des Busses und verfügten über die technischen Mittel, drei Sprengsätze zu zünden.
„Die ganze Mannschaft ist in der Schockstarre“, sagte BVBGeschäftsführer Hans-Joachim Watzke kurz nach den Explosionen. Auf Fernsehbildern war die junge Mannschaft des BVB zu sehen, die kurz nach der Explosion vor dem Bus in einer Wiese stand und mit betroffenen Mienen wartete. Einer von ihnen, der Spanier Marc Bartra, wurde bei der Explosion verletzt, bestätigte Watzke. Der Verein teilte per Twitter mit, dass sich der Spieler im Krankenhaus befinde: „Gute und schnelle Besserung, Marc!“Der 26-Jährige zog sich einen Bruch des Unterarms zu und wurde noch am Abend operiert.
Der Dortmunder Torhüter Roman Bürki schilderte, was sich im Bus abgespielt hatte: „Ich saß in der hintersten Reihe neben Marc Bartra, der von Splittern der zerborstenen Rückscheibe getroffen wurde“, sagte der 26-Jährige dem
„Blick“. „Nach dem Knall haben wir uns alle im Bus geduckt und wer konnte, auf den Boden gelegt. Wir wussten nicht, ob noch mehr passiert.“
Die Fußballfamilie hält indes zusammen. Als das Publikum durch den Stadionsprecher über die Vorfälle informiert wurde, riefen die Monaco-Anhänger solidarisch „Borussia, Borussia“. Von der BVB-Fantribüne bedankte man sich mit lautem Applaus. Danach leerte sich das größte Stadion Deutschlands rasch. Die Solidarität endete nicht am Stadiontor: Unter dem Schlagwort #bedforawayfans wurden in Dortmund Übernachtungsmöglichkeiten für die französischen Fans gesucht.
Um 18.45 Uhr soll das Viertelfinalspiel heute nachgeholt werden. Ob ein faires Spiel möglich ist? Watzke erklärte gegenüber Sky: „Solche Bilder bekommst du nicht aus dem Kopf heraus. Ich hoffe, dass die Mannschaft einigermaßen in der Lage ist, wettbewerbsfähig auf dem Feld zu stehen. In einer Krisensituation rücken alle Borussen zusammen.“
Viele drückten gestern Zweifel aus, ob der Fokus wenige Stunden nach den Explosionen wieder auf ein Fußballspiel gelegt werden könnte oder sollte. Der frühere BVB-Spieler Steffen Freund, der mit Dortmund 1997 die Champions League gewann: „Wenn es einen direkten Angriff auf den Bus gab, dann ist das nicht bis Mittwoch weg. Das ist mental und psychisch nicht zu verkraften.“
Weil aber Fußball nicht nur Spaß am Spiel ist und in der Königsliga nicht nur der Ball, sondern auch der Rubel rollt, dürfte die Viertelfinal-Begegnung heute tatsächlich stattfinden.