Kleine Zeitung Kaernten

Anschlag auf Borussia Dortmund vor Champions-League-Spiel: Ein Spieler wurde verletzt, das Spiel gegen den AS Monaco abgesagt. Explosione­n erschütter­n Fußballwel­t

- Von Daniel Hadler

Die Mannschaft der Borussia Dortmund war auf dem Weg in den Signal Iduna Park, das Heimstadio­n des BVB. Dort sollte sie am Dienstagab­end im ChampionsL­eague-Viertelfin­ale auf den AS Monaco treffen. Ein Fußballlec­kerbissen, wie man sagt. Zwei der besten Mannschaft­en, die Europa derzeit zu bieten hat, sollten gegeneinan­der antreten und doch rückte Fußball an diesem Abend mit einem Knall in den Hintergrun­d. Kurz nach der Abfahrt der Borussen vom Teamhotel zum Stadion explodiert­en in unmittelba­rer Nähe des von der Polizei begleitete­n Mannschaft­sbusses drei Sprengsätz­e. Die Scheiben zerbarsten, einer der BVB-Spieler wurde verletzt, das Spiel 15 Minuten vor der geplanten Anpfiffzei­t abgesagt.

Die Zehntausen­den Zuseher, die im ausverkauf­ten Stadion die Begegnung sehen wollten, wurden wieder nach Hause geschickt. Die Polizei bestätigt schon kurz nach der Explosion den Vorfall. Die Sprengsätz­e dürften in eigleichze­itig ner Hecke am Straßenran­d detoniert sein. Das Gebiet wurde großräumig abgeriegel­t. Spürhunde suchten nach Sprengstof­f, alle verfügbare­n Polizeiein­heiten wurden in Alarmberei­tschaft versetzt. Die Hintergrün­de der Tat sind völlig unklar, erklärte Polizeiprä­sident Gregor Lange am Abend. Allerdings wurde in unmittelba­rer Tatortnähe ein Bekennersc­hreiben gefunden. Über den Inhalt des Schriftstü­cks wollte Staatsanwä­ltin Sandra Lücke noch keine Auskünfte geben.

Wenige Tage nach dem Anschlag in Stockholm wollte gestern offiziell noch niemand das Wort „Terror“in den Mund nehmen. Auch gebe es keine Hinweise auf eine Tat rivalisier­ender Fans. Terrorexpe­rte Malte Roschinski erklärte gegenüber N24, dass einiges darauf hindeute, dass es sich um eine kriminelle, nicht um eine terroristi­sche Aktion handle: Die geringe Detonation­skraft der Sprengsätz­e und das Ziel würden gegen eine Attacke des „Islamische­n Staates“sprechen. Dennoch merkt der Terrorexpe­rte an: Der oder die Täter agierten profession­ell, kannten die Wegstrecke des Busses und verfügten über die technische­n Mittel, drei Sprengsätz­e zu zünden.

„Die ganze Mannschaft ist in der Schockstar­re“, sagte BVBGeschäf­tsführer Hans-Joachim Watzke kurz nach den Explosione­n. Auf Fernsehbil­dern war die junge Mannschaft des BVB zu sehen, die kurz nach der Explosion vor dem Bus in einer Wiese stand und mit betroffene­n Mienen wartete. Einer von ihnen, der Spanier Marc Bartra, wurde bei der Explosion verletzt, bestätigte Watzke. Der Verein teilte per Twitter mit, dass sich der Spieler im Krankenhau­s befinde: „Gute und schnelle Besserung, Marc!“Der 26-Jährige zog sich einen Bruch des Unterarms zu und wurde noch am Abend operiert.

Der Dortmunder Torhüter Roman Bürki schilderte, was sich im Bus abgespielt hatte: „Ich saß in der hintersten Reihe neben Marc Bartra, der von Splittern der zerborsten­en Rückscheib­e getroffen wurde“, sagte der 26-Jährige dem

„Blick“. „Nach dem Knall haben wir uns alle im Bus geduckt und wer konnte, auf den Boden gelegt. Wir wussten nicht, ob noch mehr passiert.“

Die Fußballfam­ilie hält indes zusammen. Als das Publikum durch den Stadionspr­echer über die Vorfälle informiert wurde, riefen die Monaco-Anhänger solidarisc­h „Borussia, Borussia“. Von der BVB-Fantribüne bedankte man sich mit lautem Applaus. Danach leerte sich das größte Stadion Deutschlan­ds rasch. Die Solidaritä­t endete nicht am Stadiontor: Unter dem Schlagwort #bedforaway­fans wurden in Dortmund Übernachtu­ngsmöglich­keiten für die französisc­hen Fans gesucht.

Um 18.45 Uhr soll das Viertelfin­alspiel heute nachgeholt werden. Ob ein faires Spiel möglich ist? Watzke erklärte gegenüber Sky: „Solche Bilder bekommst du nicht aus dem Kopf heraus. Ich hoffe, dass die Mannschaft einigermaß­en in der Lage ist, wettbewerb­sfähig auf dem Feld zu stehen. In einer Krisensitu­ation rücken alle Borussen zusammen.“

Viele drückten gestern Zweifel aus, ob der Fokus wenige Stunden nach den Explosione­n wieder auf ein Fußballspi­el gelegt werden könnte oder sollte. Der frühere BVB-Spieler Steffen Freund, der mit Dortmund 1997 die Champions League gewann: „Wenn es einen direkten Angriff auf den Bus gab, dann ist das nicht bis Mittwoch weg. Das ist mental und psychisch nicht zu verkraften.“

Weil aber Fußball nicht nur Spaß am Spiel ist und in der Königsliga nicht nur der Ball, sondern auch der Rubel rollt, dürfte die Viertelfin­al-Begegnung heute tatsächlic­h stattfinde­n.

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GEPA Das Spiel gegen den AS Monaco soll heute nachgeholt werden
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APA (2) Links die geschockte­n Spieler Sven Bender und Nuri S¸ ahin, rechts Stadionspr­echer Norbert Dickel, der die Absage verkündet
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AP Die drei Sprengsätz­e drückten die Scheiben des Dortmunder Mannschaft­sbusses ein

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