Kontroverse um Fastentuch
Das feministische Banner zeigt eine Gekreuzigte: Eine Kunstaktion von Hans Gerhard Kalian in der Klagenfurter Stadtpfarrkirche St. Egid hat zu heftigen Reaktionen geführt.
„Ich bin nicht einer, der Wiesenblümchen malt, sondern einer, der etwas ausdrücken will“, erläutert Grafikdesigner und Autor Hans Gerhard Kalian. Kontroverse Reaktionen hat seine unangemeldete Kunstaktion „martyre femme“hervorgerufen, bei der Kalian am Palmsonntag das Plakat einer gekreuzigten Frau in der Klagenfurter Stadtpfarrkirche St. Egid aufgestellt hatte (wir berichteten).
„Dass es Aufruhr gegeben hat, ist verständlich“, räumt Kalian ein. Eine Herabwürdigung des Glaubens sieht der 66-jährige in seinem Werk aber „in keiner Weise“. Provokation stehe nicht im Vordergrund: „Ich wollte eigentlich zur Diskussion anregen“. Stattdessen sei das Plakat „fast mit Brachialgewalt niedergerissen worden“. Er sei zuvor auch nicht aufgefordert worden, sein Objekt beiseitezustellen, schildert Kalian „tief betroffen“. Er hofft auf eine außergerichtliche Einigung.
„Ich wollte ein Pendant zu bestehenden Fastentüchern schaffen“, erklärt der Grafiker, der seine Aktion als Botschaft auffasst: „Die Kirche muss sich den Frauen öffnen, sonst wird das Boot ins Schwanken geraten.“Den Zeitpunkt für die Intervention wählte Kalian gezielt: Am Palmsonntag wird in der Kirche das Evangelium der Leidensgeschichte Christi verlesen.
Genehmigung für die Kunstaktion hat Kalian nicht eingeholt: „Sonst wäre die Aktion vereitelt worden.“„Wenn Luther gefragt hätte, die 95 Thesen anschlagen zu dürfen, wäre das nie geschehen“, meint der Grafiker, der sich aber nicht als Reformator verstanden wissen will.
„Ich habe eine starke Bindung zu dem einen Allmächtigen“, sagt Kalian, der als Kind langjährig ministriert hat. Kirchlich engagiere er sich noch heute, auch durch honorarfreie Arbeitsaufträge. Kalian, der die Katholische Kirche als „männerdominiert“ansieht, wünscht sich ein Weiheamt für Frauen. Franziskus inspiriere den Grafiker, der den „großen Papst“mit den Worten zitiert: „Wir haben herzlich wenig für Frauen getan, die sich in sehr schweren Lagen befinden.“
Derzeit arbeitet Kalian an einem weiteren Banner, das an das Leid der Opfer des Konzentrationslagers Mauthausen erinnern soll. Hans Gerhard Kalian plant, das Werk einer Kirchengemeinde zu spenden.