Wenn 1000 Glocken bis zur Osternacht verstummen.
Trotz 6600 Kilo bleibt die „Maria Saalerin“ab heute bis zur Osternacht still. Ihr tun es über 1000 Glocken gleich.
Es gehört zu den Ritualen, die nicht gehört werden können: Vom heutigen Gründonnerstag bis zur Osternacht läuten die Kirchenglocken nicht, denn Festtagsfreude (symbolisiert durch das Läuten) hat keinen Platz in der Zeit, in der um den Tod Jesu getrauert wird. Das „Grün“in Gründonnerstag kommt ja vom Wort „greinen“, also weinen und klagen. Auch Orgeln und Altarschellen schweigen.
Landläufig spricht man davon, dass die Glocken „nach Rom fliegen“, ehe sie in der Osternacht wieder zurückkehren. Woher die Legende stammt und was sie genau bedeuten soll, ist nicht bekannt. In der Zwischenzeit übernehmen bei uns Ratschen die Rolle der Glocken in der Liturgie.
Das Diözesanmuseum in Gurk beherbergt neben vielen anderen Schätzen auch die älteste erhaltene Glocke Kärntens. Das gute Stück stammt aus dem elften Jahrhundert aus der Kirche in Flatschach bei Glanegg. Da sie für einige Zeit in Freudenberg zum Einsatz kam, entbrannte ein Streit um die Glocke. Erst die Anfertigung zweier Kopien, eine für Freudenberg und eine für Flatschach, brachte Frieden.
Mit 6600 Kilogramm ist die „Maria Saalerin“das Schwergewicht unter den Kirchenglocken. „Sie ist nicht nur Kärntens schwerste Glocke, sondern auch die Schönste von ganz Österreich“, meint Siegfried Adlberger, Vorsitzender der Fachkommission Glocken der österreichischen Kirchenmu-
sikkommission. Wenn er von der 330 Jahre alten Kirchenglocke spricht, gerät er regelrecht ins Schwärmen. „Die Maria Saalerin ist eine wahre Augenweide und ihr Klang ist wunderschön, so warm.“
Auch die Geschichte dahinter ist besonders. „Im Krieg wurden primär Glocken für die Waffenproduktion eingeschmolzen. In diesem Fall ist es umgekehrt gewesen. Nach der zweiten Türkenbelagerung in Wien wurden Teile der türkischen Kanonen nach Kärnten gebracht. In Klagenfurt wurde daraus 1687 die Maria Saalerin gegossen. Sie ist wahrhaft ein Zeichen des Friedens“, sagt Stiftspfarrer Josef-Klaus Donko.
Damals seien 20 Pferde nötig gewesen, um das 6600 Kilo schwere Stück nach Maria Saal zu bringen. „Man benötigte vier Männer, um sie zum Klingen zu bringen“, erzählt Donko. Inzwischen passiert das per Knopfdruck. „Dennoch braucht es bis zum ersten Ton rund 45 Sekunden.“Klagenfurts größte Glo- cke hängt übrigens in der Stadtpfarrkirche St. Egid, auch bekannt als Heimatglocke. Für Experte Adlberger birgt Kärnten einen Schatz an Glocken vor allem aus dem 14. und 15. Jahrhundert – im Gegensatz zu NordÖsterreich: „Bei den Türkenbelagerungen wurden damals viele zerstört.“
Wie viele Glocken in Kärnten bis Ostern stumm bleiben, sei schwer zu sagen, so Ruprecht Obernosterer, Leiter der Bauabteilung der Diözese: „Es sind jedenfalls mehr als 1040.“