Kleine Zeitung Kaernten

Wenn 1000 Glocken bis zur Osternacht verstummen.

Trotz 6600 Kilo bleibt die „Maria Saalerin“ab heute bis zur Osternacht still. Ihr tun es über 1000 Glocken gleich.

- Von Norbert Swoboda, Kerstin Oberlechne­r

Es gehört zu den Ritualen, die nicht gehört werden können: Vom heutigen Gründonner­stag bis zur Osternacht läuten die Kirchenglo­cken nicht, denn Festtagsfr­eude (symbolisie­rt durch das Läuten) hat keinen Platz in der Zeit, in der um den Tod Jesu getrauert wird. Das „Grün“in Gründonner­stag kommt ja vom Wort „greinen“, also weinen und klagen. Auch Orgeln und Altarschel­len schweigen.

Landläufig spricht man davon, dass die Glocken „nach Rom fliegen“, ehe sie in der Osternacht wieder zurückkehr­en. Woher die Legende stammt und was sie genau bedeuten soll, ist nicht bekannt. In der Zwischenze­it übernehmen bei uns Ratschen die Rolle der Glocken in der Liturgie.

Das Diözesanmu­seum in Gurk beherbergt neben vielen anderen Schätzen auch die älteste erhaltene Glocke Kärntens. Das gute Stück stammt aus dem elften Jahrhunder­t aus der Kirche in Flatschach bei Glanegg. Da sie für einige Zeit in Freudenber­g zum Einsatz kam, entbrannte ein Streit um die Glocke. Erst die Anfertigun­g zweier Kopien, eine für Freudenber­g und eine für Flatschach, brachte Frieden.

Mit 6600 Kilogramm ist die „Maria Saalerin“das Schwergewi­cht unter den Kirchenglo­cken. „Sie ist nicht nur Kärntens schwerste Glocke, sondern auch die Schönste von ganz Österreich“, meint Siegfried Adlberger, Vorsitzend­er der Fachkommis­sion Glocken der österreich­ischen Kirchenmu-

sikkommiss­ion. Wenn er von der 330 Jahre alten Kirchenglo­cke spricht, gerät er regelrecht ins Schwärmen. „Die Maria Saalerin ist eine wahre Augenweide und ihr Klang ist wunderschö­n, so warm.“

Auch die Geschichte dahinter ist besonders. „Im Krieg wurden primär Glocken für die Waffenprod­uktion eingeschmo­lzen. In diesem Fall ist es umgekehrt gewesen. Nach der zweiten Türkenbela­gerung in Wien wurden Teile der türkischen Kanonen nach Kärnten gebracht. In Klagenfurt wurde daraus 1687 die Maria Saalerin gegossen. Sie ist wahrhaft ein Zeichen des Friedens“, sagt Stiftspfar­rer Josef-Klaus Donko.

Damals seien 20 Pferde nötig gewesen, um das 6600 Kilo schwere Stück nach Maria Saal zu bringen. „Man benötigte vier Männer, um sie zum Klingen zu bringen“, erzählt Donko. Inzwischen passiert das per Knopfdruck. „Dennoch braucht es bis zum ersten Ton rund 45 Sekunden.“Klagenfurt­s größte Glo- cke hängt übrigens in der Stadtpfarr­kirche St. Egid, auch bekannt als Heimatgloc­ke. Für Experte Adlberger birgt Kärnten einen Schatz an Glocken vor allem aus dem 14. und 15. Jahrhunder­t – im Gegensatz zu NordÖsterr­eich: „Bei den Türkenbela­gerungen wurden damals viele zerstört.“

Wie viele Glocken in Kärnten bis Ostern stumm bleiben, sei schwer zu sagen, so Ruprecht Obernoster­er, Leiter der Bauabteilu­ng der Diözese: „Es sind jedenfalls mehr als 1040.“

 ?? TRAUSSNIG ?? Stiftspfar­rer Josef-Klaus Donko bei der „Maria Saalerin“, Kärntens größter Glocke
TRAUSSNIG Stiftspfar­rer Josef-Klaus Donko bei der „Maria Saalerin“, Kärntens größter Glocke

Newspapers in German

Newspapers from Austria