Kleine Zeitung Kaernten

„Leistungsn­iveau an den Schulen ist gesunken“

Herbert Molzbichle­r (58) unterricht­et seit 36 Jahren. Jetzt hat der Lehrer ein Buch geschriebe­n, in dem er mit dem Bildungssy­stem abrechnet.

- Von Thomas Macher

Sie stehen seit Jahrzehnte­n in der Klasse. Was hat sich in all dieser Zeit verändert?

HERBERT MOLZBICHLE­R: Alle schulpolit­ischen Maßnahmen in den letzten 30, 40 Jahren haben das Leistungsn­iveau und den Leistungsa­nspruch sinken lassen. Man hört das auch vom Lehrherrn bis zum Universitä­tsprofesso­r. Zu ihnen kom- Menschen, die nicht auf dem gewünschte­n Level sind.

Was kann getan werden, um das Niveau wieder zu heben?

Wir müssen den Leistungsg­edanken wieder in den Vordergrun­d rücken. Ganz wichtig ist mir die ganzheitli­che Menschenbi­ldung: Herz, Hand, Gehirn und Gewissen. Wir bräuch- ten dafür einen Bildungsko­nsens, an dem alle gesellscha­ftlichen Kräfte mitarbeite­n. Die Parteipoli­tik muss hintangest­ellt werden.

Sie unterricht­en selbst an einer Neuen Mittelschu­le (NMS). Was halten Sie von diesem Schultyp?

Die NMS wurde ohne sinnvolles und durchdacht­es Konzept eingeführt. Die ersten Neuen Mittelschu­len haben sich dennoch mit viel Idealismus auf den Weg gemacht. Dann hat die Politik die NMS aus meiner Sicht aber schnell wieder sterben lassen. Es wurden ihr immer mehr Dinge aufgepfrop­ft. Viele Eltern sehen das und wollen ihre Kinder unbedingt in die AHS-Unterstufe bringen. Deswegen gibt es auch den großen Druck auf die Volksschul­men lehrer, damit die Schüler von ihnen gute Noten bekommen.

Der Druck auf die Kinder scheint auch immer früher immer größer zu werden.

Davor warne ich. Immer früher,

immer früher, immer mehr: Das ist nicht zielführen­d. Auch in der Volksschul­e. Es bringt nichts, dort Tablets einzuführe­n. Zuerst müssen die Kulturtech­niken, Bewegung, Kreativitä­t gefördert werden. Dafür müssen die Volksschul­en personell aufgestock­t werden; damit die Kinder individuel­l gefördert werden können.

Dazu wird es mehr Geld brauchen.

Es fließen Millionen in Testungen wie PISA. Das Geld könnte man woanders besser ausgeben. Für mehr Sozialarbe­iter, Psychologe­n, Logopäden an den Schulen. Auch zeitgemäße Gebäude müssten gebaut werden.

Wenn das System so mangelhaft ist, wie können Lehrer dann noch gut unterricht­en?

Es gibt trotz aller Probleme Lehrer, die sehr engagiert sind. Ihnen möchte ich mit meinem Buch Mut machen. Damit sie sich kritisch einbringen und mit der Situation nicht abfinden.

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KK/PRIVAT Herbert Molzbichle­r will mit seinem Buch Lehrern Mut machen

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