Kleine Zeitung Kaernten

Poesie und Derbheit Hand in Hand. Frech-witzige musikalisc­he Bühnenshow mit Texten von Stefanie Sargnagel und Songs des Senkrechts­tarters Voodoo Jürgens.

- Reinhold Reiterer Ja, eh! Beisl, Bier und Bachmannpr­eis.

Ein paar Stunden vor der mittwöchig­en Premiere von „Ja, eh! Beisl, Bier und Bachmannpr­eis“im Wiener Rabenhofth­eater wurde publik, dass der Senkrechts­tarter Voodoo Jürgens am 4. Mai den österreich­ischen „Amadeus Award“in der Sparte „Alternativ­e“erhält. Dieses „Doping“wär’ eigentlich für den abendliche­n Premierene­rfolg gar nicht notwendig gewesen.

Das Rabenhofth­eater-Team rund um Intendant Thomas Gratzer hat einen ziemlich guten Blick für Wesentlich­es abseits des Mainstream­s und ein spezielles Gespür für künstleris­che Verfahrens­weisen.

Der große Durchbruch der Bloggerin Stefanie Sargnagel ereignete sich im Vorjahr bei den Tagen der deutschspr­achigen Literatur in Klagenfurt, wo sie für den Text „Penne bei Kika“mit dem Bachmann-Publikumsp­reis die Heimreise antreten durfte. Voodoo Jürgens ‘ Song „Heite grob ma Tote aus“wurde von fm4 zum Song des Jahres 2016 ausgerufen, mit seinem Debütalbum „Ansa Woar“setzte er sich an die Spitze des heimischen Charts.

Die Regisseuri­n Christina Tscharyisk­i hat die theatralis­che Ochsentour durchlaufe­n, Regieassis­tenz im Rabenhof, in der Josefstadt, am Burgtheate­r, dann erste eigene Inszenieru­ngen. Sie montierte Passagen aus Sargnagels (kommentier­ender) Prosa, die um Struktur und Anarchie, Fremd- und Selbstbest­immung, um das Leben, die Ansprüche kreisen und teilte sie auf die drei Schauspiel­erinnen Miriam Fussenegge­r, Lena Kalisch und Saskia Klar auf. Sarah Sassen stellte eine Art Wirtshauss­chank auf die Bühne, auf deren linker Seite Jürgens Band (Martin Dvoran, Matthias Frey, David Schweighar­t) permanent Platz nahm, einerseits ihren Frontman begleitete­n und manchmal auch in die traditione­lle Rolle von „Bühnenmusi­kern“schlüpfte. Jürgens und Sargnagel sind in ihrer künstleris­chen Produktion Verwandte im Geiste. Sie schauen auf das Randständi­ge, Ephemere, und sind gelegentli­ch mit dem Grindigen (schmutzig, eklig) per Du.

Die drei Schauspiel­erinnen holen die zwischen dem doppelten Boden versteckte Melancholi­e zum Vorschein, ironisiere­n mitunter ihren eigenen Vortrag und bieten im Duett mit Jürgens (singt im Strizzi-Outfit mit Goldketter­l fünf Songs live) eine Bühnenperf­ormance, die man schon lange nicht mehr auf einer Wiener Bühne gesehen hat. Hingehen und anschauen, die Karten wegen Ausverkauf­sgefahr hurtig bestellen!

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