Böhmermanns Affen erobern Hitparade
Jan Böhmermann hält der Musikindustrie den Spiegel vor und steht mit seinem Song nun in den Top 10.
Er ist Deutschlands klügster Fernsehsatiriker und seine Spitzen verfehlen ihr Ziel höchst selten. Nun ging ein abermaliger Coup Jan Böhmermanns auf: Mit einem aus Plattitüden und 08/15-Klängen eilig zusammengezimmerten Lied wollte er der deutschen Musikbranche einen Spiegel vorhalten und beweisen, wie leicht es ist, in die Hitparade zu kommen: Seine Mission ging weitestgehend auf. Zwar verpasste der Titel „Menschen Leben Tanzen Welt“die Spitze klar, er steht nach zwei Wochen aber auf Platz zehn. In Österreich stieg die Nummer diese Woche immerhin auf Platz 46 ein.
Wenngleich es für Platz eins (noch) nicht gereicht hat und Böhmermann sein Ziel, mit „Menschen Leben Tanzen Welt“2018 einen Echo zu gewinnen, wohl auch verpassen dürfte, seine Botschaft ist überdeutlich angekommen. Mit seiner Aktion kritisierte er die „seelenlose Kommerzkacke“von Sängern wie etwa Max Giesinger, Tim Bendzko, Matthias Schweighöfer und Christina Stürmer oder Bands wie Silbermond. Mit deren seichten und austauschbaren Texten würden sie „Gefühle abklappern, Trost spenden und Tiefe vorgaukeln“, attestierte der 36-Jährige. Den Text seines Schmähsongs ließ er angeblich von Schimpansen „schreiben“. Den Affen wurden verschiedene Früchte vorgesetzt. Jeder Teil stand für eine bestimmte Liedzeile, diese Liedzeilen stammten wiederum aus aktuellen Songtexten und alten Werbeslogans: So heißt es in „Menschen Leben Tanzen Welt“etwa sinnentleert: „Ich brauch mal wieder Zeit mit dir, das Schwarze mit der blonden Seele“. Freilich ist die Erkenntnis, dass man Erfolg vor allem mit leicht konsumierbarer Kost erzielt, nicht neu. Allerdings macht Böhmermanns Kniff klar, mit welchem Selbstverständnis sich viele Pop-Poeten von seichten Schlagertexten abheben wollen, sie aber gleichzeitig regelmäßig auf den Markt bringen.