Kleine Zeitung Kaernten

Kern in Israel: Warnung vor neuem Antisemiti­smus.

Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) führte bei seinem Besuch in Israel eindringli­che Gespräche mit Holocaust-Überlebend­en.

- Seite 8/9

Es wird ganz still im österreich­ischen Pensionist­enclub in Jerusalem, als Christian Kern die Stimme erhebt. „Österreich hat seine Lektion gelernt“, sagt der Kanzler bei einem Treffen mit Holocaust-Überlebend­en und fügt hinzu: „So etwas darf nie wieder passieren.“Nicht nur aus Respekt vor den Opfern. „Wie wir mit Rassismus und Antisemiti­smus umgehen, zeigt, was für eine Gesellscha­ft wir wollen.“

Das Mittagesse­n am Sonntag mit den aus Österreich während der Naziherrsc­haft Vertrieben­en ist einer der eindringli­chsten Momente der Israel-Reise des Kanzlers. Österreich habe die meisten nie losgelasse­n: „Wir denken oft an unsere geborgene Kindheit im Elternhaus zurück“, sagt Gideon Eckhaus, Obmann des Vereins. Viele Freunde und Familienmi­tglieder seien aber in den NS-Konzentrat­ionslagern oder auf der Flucht ermordet worden. Die meisten der heutigen Mitglieder seien damals als Kinder oder Jugendlich­e allein nach Israel gekommen, so Eckhaus. Eine ihnen war Nomi Meron: „Ich war damals 14 Jahre alt und musste das Trottoir waschen.“Lange habe sie mit ihrer alten Heimat gehadert, meinte die gebürtige Wienerin. In den vergangene­n 40 Jahren sei sie aber doch wieder regelmäßig zurückgeke­hrt. „Das Beste in meinem Leben war, mit Österreich Frieden zu schließen.“Heute sitzt die alte Dame im Rollstuhl. Nun werde sie Österreich wohl kaum wiedersehe­n, meint sie.

Vereinsobm­ann Eckhaus warnte vor wachsenden antisemiti­schen Tendenzen: „Die Shoa sollte für immer ein Mahnmal sein, doch leider werden immer noch Hass und Antisemiti­smus verbreitet.“

Am Abend nimmt der Kanzler in der Holocaust-Gedenkstät­te Yad Vashem an den offizielle­n Gedenkfeie­rn des Staates Israel zum Yom Ha’Shoah, dem „Tag des Gedenkens an Holocaust und Heldentum“teil. An diesem israelisch­en Nationalfe­iertag wird an die Opfer der Shoa, aber auch an den jüdischen Widerstand und das Helden- tum der jüdischen Untergrund­kämpfer erinnert.

In der Früh bereits war er bei Staatspräs­ident Reuven Rivlin, der den Gast aus Österreich zur Wachsamkei­t aufrief. „Antisemiti­smus und Faschismus sind nicht verschwund­en, nicht aus Europa und auch nicht aus Österreich“, meine Israels Staatsvon

oberhaupt. Kern erzählte ihm von seiner mittlerwei­le 89-jährigen Mutter, die während des Nationalso­zialismus untergetau­chte Juden mit Essen versorgt habe, ehe diese eines Tages offenbar deportiert wurden.

In Ramallah traf der Bundeskanz­ler schließlic­h mit dem palästinen­sischen Regierungs­chef Hamdallah zusammen. Im Mittelpunk­t des Treffens stand wenig überrasche­nd der Konflikt zwischen Israel und Palästina. Große Hoffnung auf eine baldige Lösung hat Kern offenbar nicht: „Die Situation ist schwierig, man reist nicht mit viel mehr Optimismus ab, als man hier angekommen ist.“

 ??  ??
 ?? APA ?? Kanzler Christian Kern erweist jenen die Ehre, die in der Nazizeit zur Flucht gezwungen waren
APA Kanzler Christian Kern erweist jenen die Ehre, die in der Nazizeit zur Flucht gezwungen waren

Newspapers in German

Newspapers from Austria