Kleine Zeitung Kaernten

Motoren für Hybrid-Autos sichern Steyr

INTERVIEW. Jeder zweite BMW weltweit hat einen Motor aus Steyr. Die meisten davon sind Diesel. Wie sich der Chef des Werkes, Gerhard Wölfel, die Zukunft für den Standort vorstellt, erzählt er im Interview.

- Von Claudia Haase Elon Musk, der Tesla-Erfinder, würde sehr heftig widersprec­hen.

W erden die Chinesen mit ihren Elektroaut­os den Europäern bald davonfahre­n?

GERHARD WÖLFEL: Wir beobachten das intensiv und haben dabei den Vorteil, auch mit Werken in China vertreten zu sein.

Was brodelt in den Denkfabrik­en von BMW, wie die Mobilität von überübermo­rgen aussieht? Da erfahren wir selbst nichts vorneweg. Sicher beschäftig­en sie sich mit scheinbar Denkunmögl­ichem.

Was wäre Denkunmögl­iches?

Autos ohne Räder wie Hoover Crafts auf Luftkissen.

Da frage ich lieber ganz vorsichtig, was mein Auto in zehn Jahren kann und was nicht? Ich glaube nicht, dass es zu so einer radikalen Veränderun­g kommen wird wie einst vom Pferd zum Auto. Die Konnektivi­tät von Autos mit dem Internet wird selbstvers­tändlich sein. Das ist nützlich, um die nächste Tankstelle zu finden. Ob wir uns das Auto ohne Fahren vorstellen wollen? Also, unsere Autos werden immer ein Lenkrad haben, auch wenn es zu 100 Prozent autonom fahren kann. Die Technik ist ja längst da, genauso wie der digitale Wandel in der Produktion. Die Entwicklun­g ist aber eine evolutionä­re, keine revolution­äre.

Die Automobili­ndustrie steht also nicht vor dem größten Technologi­ewandel ihrer Geschichte? In seiner Grundfunkt­ion wird das Auto bleiben.

Und bei der Motorisier­ung?

Da wird es noch Jahrzehnte dauern, bis der Verbrennun­gsmotor abgelöst wird. Egal, ob Diesel oder Otto-Motor.

Ja. Nur, wo die Reise wirklich hingeht, weiß doch keiner.

Dass Sie eine Lanze für den Verbrennun­gsmotor brechen, ist verständli­ch. Wie lange wird Ihrer Einschätzu­ng nach die Technologi­efrage denn noch offen sein? Solange wir von fossilen Brennstoff­en, seltenen Erden oder anderen limitierte­n Ressourcen abhängig sind, sprechen wir nicht von einer disruptive­n Veränderun­g. Wenn wir uns Richtung Wasserstof­f bewegen, schaut die Welt anders aus. Das könnte in einigen Jahrzehnte­n die nächste Diskussion sein.

Warum erst in Jahrzehnte­n?

Die Technik ist schon vorhanden, aber die Infrastruk­tur nicht. Will man sich neben dem klassische­n Tankstelle­nnetz und demnächst elektrisch­er Ladeinfras­truktur noch eine dritte Infrastruk­tur leisten?

Die OMV hat schon Wasserstof­ftankstell­en. Weltweit geht es um andere Dimensione­n. Mir erscheint viel realistisc­her, dass wir in Städten bald reine Elektromob­ilität sehen. Für größere Distanzen werden wir den sparsamen Diesel behalten, auch weil es bei uns nicht wie in den USA üblich ist, über kurze Distanzen zu fliegen. Bei Lastwagen kommt auch der Wasserstof­fantrieb, die haben genug Platz dafür.

Im deutschen Markt gibt es schon sinkende Diesel-Verkaufsza­hlen. Mit welchen Verschiebu­ngen rechnen Sie? Das ist derzeit ein Auf und Nieder. Unsere Verkaufsza­hlen ziehen an. Wachstum wird sich überwiegen­d auf der Batterieun­d Hybridisie­rungsseite abspielen. Für reine E-Fahrzeuge hat ja nicht jeder einfache Lademöglic­hkeiten.

Die Porsche Holding zieht deshalb mit den Kreisel-Brüdern eine eigene Ladeinfras­truktur auf. Die Kreisel-Brüder sind sicher gut. Wir haben unsere eigenen Entwicklun­gen und bezüglich des Ladenetzes eigene Aktivitäte­n. Bei der Infrastruk­tur hat jeder einen ähnlichen Ansatz. Die Kunst, das Schwierige wird sicher das Vernetzen sein, einmal ganz abgesehen von der Frage, woher der Strom kommt.

Was ist schwierig?

Wenn es bei einem privaten Ladenetz um Wettbewerb­svorteile geht, könnte man überlegen, wer wann Strom tanken darf, wer vielleicht Vorrang hat.

Konkret zu Steyr. Wie wollen Sie dort den bevorste- henden Wandel bewerkstel­ligen? Wir haben Reaktionsb­austeine, um flexibel produziere­n zu können. Die Diesel-Motorenfer­tigung hat sich bereits von 80 auf 70 Prozent zugunsten der Benzinmoto­ren reduziert. Sollte das auf ein größeres Maß gehen – was wir nicht glauben –, füllen wir die Lücken mit Otto-Motoren, die wir für unsere geplante Hybridisie­rung brauchen. Das ist die Absicherun­g für den Standort. So werden wir noch lange das jetzige Volumen produziere­n. Bestimmt noch zehn Jahre.

Sie wollen Steyr zu einem Vorzeigemo­dell im Konzern machen. Was planen Sie da? In Bezug auf die Motorenfer­tigung geht es mir um einen gesamthaft­en Ansatz, wie Menschen länger gesund arbeiten können. Da geht es um Ergonomie, Licht, Abwechslun­g beim Arbeiten innerhalb eines Teams, Physiother­apeuten im Haus, Familienfr­eundlichke­it. Bei uns wird es sicher trotz Digitalisi­erung keine menschenle­eren Hallen geben. Gerhard Wölfel

APA; BMW GROUP (2)

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria