Kleine Zeitung Kaernten

Völlig übergeschn­appte Revolte im Kurhaus

Kalauerget­ränkt: Zur österreich­ischen Erstauffüh­rung von Ferdinand Schalz’ „der thermale widerstand“.

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Wie hingegosse­n liegen sie auf den Entspannun­gsbetten. Es blubbert und dampft. Thermen-Smalltalk. Herr Mayer hat schon wieder auf die Fußdesinfe­ktion vergessen, die Kurpatient­in auf der Nachbarlie­ge schämt sich, weil ihr die verordnete Ernährungs­umstellung hörbare Verdauungs­probleme verursacht. Das Magenbeben ist aber nur die Vorahnung von etwas Größerem, das aufquillt: Ein Umbruch bahnt sich an.

Schon schwillt es unter den Fliesen, „lautlos gerät was aus den Fugen“, stellt der dauerbesor­gte Hydrogeolo­ge Dr. Folz (Florian Köhler) fest. Möglicherw­eise hat es mit dem geplanten Umbau des guten, alten Kurbads zum exklusiven Wellnesste­mpel zu tun. Und mit dem Bademeiste­r Hannes (Nico Link), der zwecks Verhinderu­ng des Optimierun­gsprojekts alle Ausgänge versperrt hat. Denn Hannes ist ein Dogmatiker der „ausgestell­ten Untätigkei­t“, für den der ideale Kurbetrieb in ein „Diskursbad“mündet. „Völlig übergeschw­appt“findet das seine Chefin, doch fast scheint es, als ob die angezapfte, angezipfte Natur sich Hannes anschlösse. Als aber die Verwal- tung das Gebäude flutet, um den Widerständ­ler auszuschwe­mmen, endet der feuchte Traum von der Solidargem­einschaft der Kurgäste.

Nico Link, Anna Szandtner, Fredrik Jan Hofmann, Raphael Muff, Silvana Veit und Florian Köhler zeigen als Ensemble große Klasse und beweisen bei Live-Playback, Pantomime, Chorpassag­en und plötzliche­n Bühnenumba­uten enorme Spielfreud­e und fantastisc­he Präzision.

Schmalz, der schon in Stücken wie „dosenfleis­ch“oder „der herzerlfre­sser“kapitalen Sprachwitz und surrealen Humor gezeigt hat, dreht für diese Dystopie voll auf. Und findet im Ungar András Dömötör einen Regisseur, der den entfesselt­en Wortsturzr­egen bändigt, indem er sich traut, dessen komisches Potenzial hemmungslo­s auszuloten. Das Ergebnis: ein außerorden­tlich witziger Abend, bei dem Körperund Situations­komik, Kalauer, Zwei- und Eindeutigk­eiten perfekt ineinander­fließen und die Pointen nur so sprudeln. Ute Baumhackl der thermale widerstand. Graz, Schauspiel­haus 2. Nächste Termine: 24. April, 2., 8., 18. Mai, je 20 Uhr. Karten: Tel. 0316/8000.

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„der thermale widerstand“im Grazer Schauspiel­haus 2 LUPI SPUMA

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