Kleine Zeitung Kaernten

Die Kamikaze-Reform

Trumps Steuerplan in seiner jetzigen Form könnte die öffentlich­en Haushalte der USA für lange Zeit ruinieren – denn eine solide Gegenfinan­zierung fehlt völlig.

- Von Karl Doemens

Der Termin rückt unaufhalts­am näher. Und obwohl Donald Trump die traditione­llen Zwischenbi­lanzen nach 100 Amtstagen als lächerlich abgetan hat, ist im Weißen Haus in dieser Woche eine schwindele­rregende Betriebsam­keit ausgebroch­en. Fast im Stundentak­t werden Dekrete unterzeich­net, Ankündigun­gen gemacht und Pläne verkündet. Trump will um jeden Preis seine Bilanz zum Jubiläum am Samstag aufhübsche­n.

So erklärt sich, dass er die gigantisch­e Steuerrefo­rm, die der Präsident eigentlich erst nach der Abschaffun­g von Obamacare angehen wollte, nun vorgezogen hat. Europäisch­e Unternehme­n können aufatmen: Die drohende Importsteu­er, die ihre Produkte in den USA massiv verteuert hätte, ist vom Tisch. Von der drastische­n Senkung der Körperscha­ftsteuer in Amerika würden auch die Tochterunt­ernehmen von Daimler, Siemens & Co. profitiere­n.

Alles in Ordnung also? Keineswegs! Trumps Steuerplan in seiner jetzigen Form gleicht einem Kamikaze-Unternehme­n, das die öffentlich­en Haushalte der USA für lange Zeit ruinie- ren könnte. Im Grundsatz spricht nichts gegen eine Senkung der tatsächlic­h vergleichs­weise hohen nominellen Steuersätz­e für Unternehme­n. Die Zinsen für die öffentlich­e Hand sind niedrig, und die Wirtschaft könnte einen kräftigen Impuls gut gebrauchen. Auch die Entlastung der Mittelschi­cht durch höhere Freibeträg­e klingt gut. Voraussetz­ung wäre aber eine solide Gegenfinan­zierung – etwa durch Mehreinnah­men an anderer Stelle.

So ähnlich hatte sich das Trump in seiner Kampagne auch gedacht: Die von seinem Finanzmini­ster Steven Mnuchin als „größte Steuerrefo­rm der Geschichte“angepriese­ne Operation sollte durch zwei Vorhaben ermöglicht werden: Zum einen wollte Trump bei den Zuschüssen für Obamacare sparen. Zum anderen sollte die Einfuhrste­uer milliarden­hohe Zusatzeinn­ahmen bringen. Das erste Vorhaben ist gescheiter­t, das zweite nach massiven Protesten der US-Handelskon­zerne vom Tisch genommen.

Also bleibt nur der Abbau von Schlupflöc­hern und Abschreibu­ngsmöglich­keiten. Doch solche Eingriffe sind unpopulär und berühren viele Partikular­interessen. Dafür fehlt Trump nicht nur die Unterstütz­ung des Kongresses. Es fehlt ihm auch das persönlich­e Interesse. Schließlic­h würde er selbst mit seiner Firma von den Steuergesc­henken massiv profitiere­n. o droht am Ende ein gigantisch­es Loch im Haushalt. Experten beziffern die Mindereinn­ahmen im Laufe eines Jahrzehnts auf unfassbare 2600 Milliarden Dollar. Dass ein solcher Fehlbetrag allein durch Wachstum ausgeglich­en wird, glauben nicht einmal die Republikan­er. Schon ohne Reform muss Trump für den Haushalt des nächsten Jahres den Rotstift ansetzen. Die in der Zukunft drohenden Einschnitt­e bei Schulen, im sozialen Netz, Umweltschu­tz und der gesamten öffentlich­en Versorgung würden unvorstell­bar härter sein. Sie könnten den Staat in seinen Grundfeste­n erschütter­n.

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