Nationale Parlamente erhalten jetzt ein Vetorecht
Wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Nationale Parlamente haben künftig ein Vetorecht gegen umfassende Freihandelsabkommen der EU.
Der Anlassfall kann sich mit den spektakulären Abkommen wie TTIP oder Ceta nicht messen – und sorgt dennoch für eine fundamentale Weichenstellung. Das von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtete Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur ist vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gelandet, der jetzt ein weitreichendes Urteil gesprochen hat. Demnach benötigt ein Teil des bereits 2013 ausverhandelten Pakts auch die Zustimmung der Mitgliedsländer.
Damit könnte die Ratifizierung von Handelsabkommen durch alle nationalen Parlamente statt nur durch die Mitgliedsländer im EU-Rat sowie dem EU-Parlament nötig werden, wenn der Vertrag viele Bereiche abdeckt. Konkret ging es neben sogenannten Portfoliogem in Unternehmen auch um die Vorgaben zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten. Die EU-Kommission vertrat bisher die Meinung, dass die Zustimmungen des EU-Parlaments und des EU-Rats ausreichen. Dem widersprachen die EU-Staaten und erhielten nun vor dem EuGH recht.
hat nun Auswirkungen auf alle weiteren Freihandelsabkommen. Geht es um besonders ambitionierte Verträge, die eben beispielsweise auch Investitionsschutzklauseln beinhalten, haben die nationalen Parlamente damit gewissermaßen ein Vetorecht. Für die EU-Kommission, die auf den schnellen Abschluss weiterer Handelsabkommen setzt, gilt dies als schwerer Rückschlag. Sie hatte erst nach lan- Widerstand im vergangenen Jahr beim EU-Handelsabkommen Ceta mit Kanada den Mitgliedsstaaten ein Mitspracherecht eingeräumt. Hier kam es zu einer tagelangen Blockade durch das Parlament der belgischen Region Wallonie. Als ein Ausweg aus den Vorgaben des EuGH gilt die Möglichkeit, dass die EU-Kommission Handelsvereinbarungen mit Drittstaaten weniger ambitioniert gestaltet und einzelne Aspekte, die in nationales Recht eingreifen, zunächst ausklammert.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat die Entscheidung dennoch begrüßt. Der Beschluss schaffe „dringend benötigte Klarheit“, wie die EU-Verträge interpretiert werden müssten. Auch der österreichische Noch-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sieht die EntscheiInvestitionen
positiv. Der EuGH bestätige damit die Linie Österreichs. Umfangreiche Handelsabkommen müssten auch demokratisch legitimiert werden. Dies dürfe aber „nicht zu faktenbefreiten Blockaden“aus innenpolitischen Gründen führen.
Umweltschützer und Globalisierungskritiker zeigten sich erfreut über die Entscheidung des EuGH, Greenpeace sprach von einem „Sieg der Demokratie“. Auch die Organisationen Attac und Global 2000 begrüßen die Mitbestimmung, fordern aber eine weitere Demokratisierung bei internationalen Handelsabkommen.