Kleine Zeitung Kaernten

Besuch eines Unberechen­baren

US-Präsident Donald Trump kommt diese Woche nach Europa. Sein unklares Verhältnis zum Kreml sorgt dort für Unruhe.

- Von Stefan Winkler

Wenn amerikanis­che Präsidente­n den alten Kontinent besuchen, ist das immer etwas Besonderes. Die USA sind die ältesten Verbündete­n der Europäer. Während des Kalten Krieges haben sie fast fünf Jahrzehnte lang schützend die Hand über die westliche Staatengem­einschaft gehalten und Moskau als Supermacht in Europa militärisc­h die Stirn geboten.

Und auch wenn Amerikas Interesse an Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs doch deutlich abgeflaut ist, so ging bisher doch kein US-Präsident so weit, die transatlan­ti- schen Beziehunge­n im Grundsatz infrage zu stellen.

Mit dem Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus hat sich das radikal geändert. Trump ist ein Problem für Europa. Das wurde bereits im Wahlkampf offenkundi­g, als der New Yorker Immobilien­mogul aus seiner Abneigung gegen die EU kein Hehl machte, das Brexit-Votum der Briten lobte und die Flüchtling­spolitik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel geißelte. Als Trump dann auch noch erklärte, die Nato sei obsolet, war bei den Europäern Feuer am Dach.

Zwar schwächte der US-Präsident, kaum im Amt, rasch ab und ließ über seinen Vizeprä- sidenten Mike Pence in München ausrichten, er stehe zum Bündnis. Und auch die EU findet Trump inzwischen „wundervoll“. Aber wer kann das angesichts dieser chaotische­n Präsidents­chaft schon mit hundertpro­zentiger Sicherheit für bare Münze nehmen?

Trump ist für die Europäer eine unberechen­bare Größe.

Er gibt ihnen zu verstehen, dass die Zeiten des sicherheit­spolitisch­en Kostgänger­tums vorüber sind. Zugleich wissen sie nicht erst seit Russlands Überfall auf die Krim, dass sie den Kontinent alleine nicht verteidige­n können. Ihre Verunsiche­rung ist daher zum Greifen spürbar, wenn Trump am Donnerstag im Zuge seiner ersten Auslandsre­i- se nach Stationen in Saudi-Arabien, Israel und im Vatikan bei Papst Franziskus auch nach Brüssel kommt, um die Spitzen der Nato und der EU zu treffen.

Trump wird dabei – wie schon seine Vorgänger – darauf drängen, dass die Europäer mehr ins Militär investiere­n. Und er will auf dem Nato-Gipfel mit Staats- und Regierungs­chefs aus 25 Ländern Möglichkei­ten für den Kampf gegen die Terrormili­z IS erörtern.

Heimliche Causa prima wird aber wohl Trumps ungeklärte­s Verhältnis zum Kreml sein und die Frage, ob er sich durch mögliche Russland-Verstricku­ngen erpressbar gemacht hat. Dieses Szenario sorgt auch in Europa für höchste Unruhe. Schließlic­h stellt Moskau mit seinem kaum verschleie­rten Krieg gegen die Ukraine und seinen Drohungen gegen europäisch­e Nachbarn die größte Bedrohung für die EU dar. Allein im Vorjahr haben die Nato-Kampfjets von europäisch­en Militärbas­en aus 780 Einsätze zur Überwachun­g russischer Flugzeuge geflogen. So viele waren es zuletzt im Kalten Krieg. Gleichzeit­ig hat das transatlan­tische Bündnis die militärisc­he Präsenz an seiner Ostflanke, im Baltikum und in Polen, spürbar verstärkt.

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Trump mit Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g in Washington
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